Wer billig kauft, renoviert zweimal
Es hätte so schön werden sollen. Gerade hatte man das frisch renovierte Einfamilienhaus bezogen und den Renovierungsstress etwas hinter sich gelassen, als im Obergeschoss ein Kaltwasserhahn brach und das austretende Wasser die Arbeiten der vergangenen Monate zunichtemachte.
Der Wasserhahn war an einem Ausgussbecken angeschlossen. Beides hatte der Hauseigentümer auf einer bekannten Internetplattform mit vier bunten Buchstaben „günstig geschossen“ und dann selbst eingebaut. Dabei habe er alles richtig gemacht, davon war der Mann überzeugt.
Dies zu prüfen war nun die Aufgabe des IFS-Gutachters, der die defekte Armatur auf den Labortisch bekam. An der Armatur, die selbst keine Hinweise auf den Hersteller oder einen Eignungsnachweis hergab, war ein Messingstutzen an der Unterseite vollständig abgebrochen.
Das Bauteil diente sowohl zum Anschluss des Kaltwasserzulaufschlauchs, war also innen wasserdurchflossen, als auch zur Befestigung am Ausgussbecken. Mittels der auf den Stutzen geschraubten Mutter wurde die Armatur festgezogen.
Im Rasterelektronenmikroskop zeigten sich auf der gereinigten Bruchfläche die typischen Merkmale einer Spannungsrisskorrosion, wie sie bei wasserberühren Messingbauteilen regelmäßig auftritt, wenn diese überhöhte herstellungsbedingte Zugeigenspannungen aufweisen oder überhöhte Zugspannungen im Rahmen der Montage eingebracht werden.
Eine weitere Werkstoffprüfung zeigte, dass das Messing des Stutzens sämtliche Vorgaben erfüllte und die schadenursächlichen Zugspannungen tatsächlich im Rahmen der Installation erzeugt worden waren. Diese hatte der Hauseigentümer ja selbst durchgeführt. Hatte er also selbst Schuld und entgegen seiner Überzeugung doch etwas falsch gemacht?
Ein Blick in die Formelsammlung und Tabellenwerke sollte die Antwort geben: Bei sanitärüblichen Anzugsmomenten entstanden in dem tragenden Querschnitt des Stutzens bereits Spannungen, die allein ausreichten, um Spannungsrisskorrosion auszulösen. Er war für den Anwendungszweck schlicht zu dünnwandig ausgelegt. Der Hersteller hätte also entweder einen gegen Spannungsrisskorrosion unempfindlichen Werkstoff, eine ausreichend dimensionierte Wandstärke oder eine nicht wasserberührte Konstruktion wählen sollen.
Formal hatte der Hauseigentümer zwar keinen schadenursächlichen Installationsfehler begangen. Er hatte aber mit dem Griff zum Billigbauteil das Risiko für einen Wasserschaden deutlich erhöht. Im Verhältnis zu einem Wasserhahn eines namhaften Herstellers ist eine solche Armatur zunächst eine deutliche Ersparnis. Doch Schnäppchen sind am Ende häufig teuer. (SBO)