Wärmegedämmt und brandgefährlich
Über Nacht zu Besuch bei Freunden, hört ein Mann um drei Uhr morgens Geräusche, als würde jemand in der Wohnung herumwirtschaften. Für die Vorbereitung auch des aufwändigsten Frühstücks ist es noch zu früh. Darum steht er auf, um zu sehen, was los ist. Er öffnet die Tür des Gästezimmers und sieht einen Feuerschein im Flur an der Decke. Von ihrem aufmerksamen Gast rechtzeitig geweckt, können die Bewohner und deren Nachbarn das Mehrfamilienhaus unverletzt verlassen und zudem in einer frühen Brandphase die Feuerwehr alarmieren. Die Flammen bleiben so auf das Dach des Gebäudes begrenzt.
Ein IFS-Gutachter untersucht später die Brandstelle: In weiten Teilen der Wohnung sind Halogeneinbaustrahler in der mit Gipskartonplatten verkleideten Decke verbaut. Das sei schon seit über sieben Jahren so, teilt ihm der Wohnungseigentümer mit. Die Strahler wurden in die dafür vorgesehenen Öffnungen in den Gipskartonplatten eingeschoben und halten mit zwei unter Vorspannung stehenden Klammern. Doch es gibt auch etwas relativ Neues in der Wohnung: Etwa einen Monat vor dem Feuer wurde von einer Fachfirma für energetische Sanierung eine Wärmedämmung in den Hohlraum zwischen den Gipskartonplatten und der Decke eingebracht. Die Fachleute hatten zunächst die Halogenleuchten aus der Decke gezogen, um die Tiefe des dahinter liegenden Hohlraumes messen zu können. Dann wurde eine entsprechende Menge Dämmstoff in die Zwischendecke eingeblasen.
Dabei handelte es sich um Zellulose – Brandklasse 2, „normal entflammbar“. Genau das war auch geschehen. Der Zellulosedämmstoff lag in der Zwischendecke direkt an den Halogenlampen, und die werden im Betrieb bekanntlich sehr heiß. Um die benötigte Menge Dämmstoff zu berechnen, hatten die Mitarbeiter der Fachfirma zunächst die Halogenstrahler herausgezogen. Dabei mussten sie auch gesehen haben, dass diese ohne Einbautöpfe platziert wurden – denn Einbautöpfe waren bei der ursprünglichen Installation nicht notwendig. Mit dem Zellulosedämmstoff in der Zwischendecke wären sie hingegen unverzichtbar gewesen. Das Feuer war an der in Bild 2 gezeigten Halogenleuchte entstanden. Daran kleben noch Reste von verbrannter Zellulose. Auf dem dritten Bild ist beispielhaft eine Leuchte aus dem Flur zu sehen. In diesem Bereich hatte es nicht gebrannt, aber man erkennt bereits eine deutliche Sengspur am Dämmstoff. Nach der energetischen Sanierung haben die Bewohner des Mehrfamilienhauses unter einer permanenten Feuergefahr gelebt. Die Brandentstehung war unter diesen Bedingungen nur eine Frage der Zeit.