Spezifische Schwachstellen

Kunststoff hat gegenüber Metallen in Heizungs- und Trinkwasserinstallationen Vor- und Nachteile. Insbesondere der Wegfall des Korrosionsrisikos ist ein starkes Argument für Kunststoff. Allerdings ist das Material empfindlicher gegen thermische und mechanische Überlastungen.

Ein Schadenbeispiel: Die Heizungsanlage in einem Einfamilienhaus funktionierte vom ersten Tag an nicht so richtig. Darum installierte der Heizungsbauer nachträglich einen Elektroheizstab im Pufferspeicher. Als die Anlage weiterhin nicht funktionierte, hatte der Hauseigentümer genug und beauftragte einen anderen Fachbetrieb, die störungsfreie Beheizung und Warmwasserversorgung für das Gebäude herzustellen. Die zweite Firma installierte eine neue Steuerung, an die unter anderem der Heizstab angeschlossen wurde. In der folgenden Zeit wurden nach und nach Leckagen an den im Fußbodenaufbau verlegten Warmwasserleitungen gefunden. Der Hausherr war vom Regen in die Traufe geraten.

Als Ursache für die Undichtigkeiten wurde eine Explosion in der Heizungsanlage vermutet. Doch für eine Schädigung durch eine Druckwelle gab es keine Anzeigen, als diverse Rohrabschnitte und Verbindungsstücke aus der Installation im IFS untersucht wurden. Vielmehr stellte der beauftragte Gutachter Undichtigkeiten an den Verbindern fest, die durch eine thermische Überlastung entstanden waren.

Das Rohr ist durch zu hohe Temperaturen aufgeweicht und von der Stützhülse gerutscht.
Das Rohr ist durch zu hohe Temperaturen aufgeweicht und von der Stützhülse gerutscht.

Bei der technischen Untersuchung von Leitungswasserschäden offenbaren die Asservate im Labor oft die Schadenentstehung, zum Beispiel, wenn bei der Montage eine Verbindung zu fest angezogen oder ein ungeeignetes Werkzeug benutzt wurde. Bei der thermischen oder mechanischen Schädigung von Kunststoffleitungen kann hingegen nur die Art der Schädigung ermittelt werden. Um deren Ursache zu finden, muss man das Umfeld betrachten. Im beschriebenen Fall stellte der Gutachter vor Ort fest, dass es in der Heizungsanlage keinen Sicherheitstemperaturbegrenzer (STB) gab. Bei der ursprünglichen Installation war er nicht verbaut worden, und der zweite Fachbetrieb hatte ihn nicht nachgerüstet. Dass die vorgesehene Temperatur überschritten wurde, war ein Fehler der Steuerung. Doch solche Fehler können auftreten und müssen aufgefangen werden. Beide Handwerksbetriebe hätten das Fehlen des STB als Mangel erkennen müssen, denn nach der DIN EN 12828 ist er sicherheitsrelevant und sein Vorhandensein darum vorgeschrieben.

Ein weiteres Beispiel: Als es an der Warmwasserleitung im Keller eines Mehrfamilienhauses zum zweiten Mal innerhalb weniger Tage zur Leckage kam, wurden die betroffenen Abschnitte ausgebaut und zur Untersuchung ins IFS geschickt. Man vermutete zu hohe Temperaturen in der wenige Jahre alten Anlage, deren Leitungen aus Mehrschichtverbundrohren bestanden. Der Rohrabschnitt, an dem die zweite Leckage entstanden war, zeigte jedoch die typischen Merkmale eines gewaltsamen Platzens wegen eines überhöhten Innendrucks. Warum der Druck derartig ansteigen konnte, musste der Gutachter vor Ort herausfinden…

Als er im Keller die Isolierung des Wasserspeichers öffnete, kam ein tonnenförmig aufgeblähter Stahlinnenbehälter zum Vorschein, dessen äußere Beschichtung zum Teil abgeplatzt war. Doch die Schäden an der Anlage waren nicht durch ein einmaliges Ereignis entstanden, sondern über einen längeren Zeitraum. Das hatten die Spuren an verschiedenen im Labor untersuchen Komponenten verraten. Der Aufbau der Installation löste das Rätsel: In der Kaltwasserzuleitung zum Speicher war in Fließrichtung hinter dem Sicherheitsventil ein Rückflussverhinderer montiert. Dort hätte er sich nach der DIN EN 806-2 allerdings nicht befinden dürfen. Das Wasser im Speicher dehnt sich bei der Erwärmung aus. Es wird zum Teil in die Leitung zurückgedrückt, und über das Sicherheitsventil wird der Druck abgebaut. Doch der Rückflussverhinderer versperrte hier den Weg zum Sicherheitsventil. Das Wasser wurde stattdessen ausschließlich in Richtung der Warmwasserleitung herausgedrückt. Deren Mehrschichtverbundrohre wurden dabei wieder und wieder mit zu hohem Druck belastet, bis es schließlich zu Leckagen kam.

Das Rohr ist durch eine Krafteinwirkung von innen aufgeplatzt.
Das Rohr ist durch eine Krafteinwirkung von innen aufgeplatzt.

Thermische und mechanische Überlastungen von Mehrschichtverbundrohren können auch in Kombination auftreten. Die Überlastung führt nicht zwangsläufig sofort zum Versagen. In jedem Fall wird dadurch aber die „Lebensdauer“ verkürzt. Kommt es zum Schaden, so ist das Risiko für weitere Schäden erhöht. (is)