Gefährlicher Minimalismus bei Nachbau-Ladegeräten für Werkzeuge

Ein Knallgeräusch aus dem Keller ließ eine Familie abends aufschrecken. Während der Hausherr die Treppe herunterlief, hörte er einen weiteren Knall. Dann sah er Flammen im Heizungsraum. Keine Stunde zuvor hatte er dort den Akku für seinen Winkelschleifer von „Hilti“ zum Laden angeschlossen – allerdings nicht an das original Ladegerät des Herstellers, sondern an einen Nachbau, den er auf einem Online-Marktplatz gekauft hatte.

Eine IFS-Gutachterin fand später im Keller ein Spurenbild vor, das unseren Brandursachenermittlern bereits vertraut ist: Im Mittelpunkt standen mehrere aufgeplatzte Lithium-Ionen-Akkuzellen. Sie waren thermisch durchgegangen. Die Knallgeräusche, die die Familie gehört hatte, zeugten von der explosionsartigen Entladung der gespeicherten Energie.

Im Originalladegerät führen fünf Leitungen zur Anschlussbuchse für den Akku und es ist ein Lüfter für die interne Kühlung (Pfeil) verbaut.
Im Originalladegerät (1) führen fünf Leitungen zur Anschlussbuchse für den Akku und es ist ein Lüfter für die interne Kühlung (Pfeil) verbaut.

Warum es in einer Akkuzelle zum Defekt kam, lässt sich nach einem solchen „thermal runaway“ kaum noch ermitteln. Die Zellen sind dann in der Regel aufgeplatzt und ihr Innenleben stark beschädigt oder vollständig zerstört. In diesem Fall war die Ursache sehr wahrscheinlich eine Überladung oder Überhitzung, denn dem Ladegerät fehlten diverse sicherheitsrelevante Bauteile, wie sich bei der Untersuchung im Elektrolabor herausstellte.

Anders als beim Original waren keine elektrotechnischen Komponenten verbaut, um den Ladezustand und die Akkutemperatur zu überwachen. Auch die aktive Kühlvorrichtung war nicht vorhanden. Die Funktion des Gerätes beschränkte sich auf das reine Laden.

Die Anschlussbuchse für den Akku am original Ladegerät
Die Anschlussbuchse für den Akku am original Ladegerät

In der Schadendatenbank des IFS fällt auf, dass Akkus von Werkzeugen relativ häufig von Bränden betroffen sind, und in den meisten Fällen handelt es sich dabei um Nachbauten des Ladegerätes oder des Akkupacks selbst. Im Report 3/2020 berichteten wir über Brände durch Austauschakkus für „Makita“-Werkzeuge.

Die technische Untersuchung hatte gezeigt, dass einige Nachbauten beim Laden nicht alle Zellen überwachten. Das Batteriemanagementsystem unterschied sich darin vom Original.

Selbstverständlich können und wollen wir nicht behaupten, dass Nachbauten generell den technischen Anforderungen nicht gerecht werden. Schließlich ist das IFS mit einer Auswahl von Produkten konfrontiert, bei denen es zu einem Defekt kam. Bei unseren Untersuchungen sind wir jedoch wiederholt auf Nachbauten getroffen, die nicht den technischen Standard der Originalprodukte erfüllten. In den Bedienungsanleitungen wird außerdem häufig darauf hingewiesen, Originalakkus und -ladegeräte zu benutzen, weil der Hersteller nur dann die Sicherheit gewährleisten kann. (is)

Der Nachbau eine Ladegerätes für Hilti-Werkzeuge: Hier sind lediglich zwei Leitungen zum Laden vorhanden.
Der Nachbau eine Ladegerätes für Hilti-Werkzeuge: Hier sind lediglich zwei Leitungen zum Laden vorhanden.