Wenn man den Ölwechsel zwei Jahrzehnte verschläft

Um die Federn besser entfernen zu können, werden Puten nach der Schlachtung in einen Brühkessel gelegt. Ein solcher Kessel explodierte im hier beschriebenen Fall, und das IFS sollte herausfinden, wie es dazu kommen konnte.

Der Kessel war am Morgen des Schadentages eingeschaltet und die Temperatur für das Wasser im Brühbecken wie gewöhnlich auf 65 °C eingestellt worden. Etwa anderthalb Stunden später kam es zur Explosion, bei der Schäden an dem Gerät sowie an dem Gebäude entstanden, im dem sich der Schlachtraum befand.

Der Brühkessel ist auf den ersten Blick unbeschädigt.
Der Brühkessel ist auf den ersten Blick unbeschädigt.

Von dem Landwirt erfuhr der Gutachter, dass dieser den Kessel knapp 20 Jahre zuvor gebraucht gekauft hatte. Unterlagen dazu hatte er nicht. Es handele sich um ein wartungsfreies Gerät, bei dem man lediglich von Zeit zu Zeit etwas Wärmeträgeröl nachfüllen müsse, glaubte er jedoch zu wissen.

Auf diese Weise hatte er den Betrieb des Kessels all die Jahre auch gehandhabt. Nur hätte das Wärmeträgeröl, mit dem der Kessel beheizt wurde, mindestens einmal jährlich auf weitere Verwendbarkeit überprüft und gegebenenfalls ausgetauscht werden müssen.

Hier haben wir die Einfüll- und Auslassöffnungen für das Öl markiert. Das kleine Bild zeigt den Schraubverschluss der Auslassöffnung.
Hier haben wir die Einfüll- und Auslassöffnungen für das Öl markiert. Das kleine Bild zeigt den Schraubverschluss der Auslassöffnung.

Als der Gutachter die Auslassöffnung für das Öl öffnete, kamen zunächst nur schwarze Ablagerungen zum Vorschein. Erst als er die Öffnung mit einem Draht freilegte, floss ein wenig mit schwarzen Partikeln vermischtes Öl heraus, das einen intensiven benzinähnlichen Geruch verströmte. Auf dem letzten Beitragsbild sieht man das Öl im Vergleich zu frischem, weitgehend geruchsneutralem Thermoöl.

Organische Substanzen wie das hier verwendete mineralische Wärmeträgeröl werden durch die Einwirkung von hohen Temperaturen mit der Zeit thermisch aufbereitet. Das heißt, es entstehen neue Verbindungen mit anderen physikalischen und chemischen Eigenschaften. Unter anderem sank auf diese Weise die Siedetemperatur des Öls ab. Über die Belüftungsöffnungen des Ölbads traten leichtflüchtige Bestandteile aus und bildeten mit der Umgebungsluft eine zündfähige Atmosphäre. Schon ein elektrischer Schaltfunkte genügt, um ein solches Gemisch zu zünden.

In der DGUV 100-500 (Betreiben von Arbeitsmitteln) hätte der Landwirt die entsprechende Vorgabe gefunden, deren Beachtung diesen Schaden verhindert hätte. (is)

Eine Probe des Öls aus dem Brühkessel (rechts) im Vergleich zu frischem Öl.
Eine Probe des Öls aus dem Brühkessel (rechts) im Vergleich zu frischem Öl.