Sicherheitsdatenblatt zu spät gelesen
Eine Viertelstunde nachdem der letzte Mitarbeiter einen Großteil der Elektroinstallation in einer Schreinerei stromlos geschaltet hatte und nach Hause gegangen war, sah ein Nachbar Feuerschein durch die Fenster der Lackiererei des Betriebes. Er rief die Feuerwehr. Die Einsatzkräfte konnten den Brand auf diesen Raum eingrenzen. Allerdings wurden in der benachbarten Produktionshalle alle Oberflächen mit Ruß und Rauchgaskondensaten bedeckt. Da solche Verunreinigungen korrosiv wirken und Maschinen erheblich schädigen können, ist in einem solchen Fall schnelles Handeln angezeigt, um den Folgeschaden einzugrenzen.
Die direkten Brandschäden im Lackierraum waren an der Absaugwand und den darin enthaltenen Filtern am stärksten ausgeprägt. Doch warum hatte dort ein Feuer entstehen können? Am Schadentag wurden bis kurz vor Feierabend Tischplatten im Spritzverfahren mit einem Hartwachssiegel beschichtet. Das Produkt enthalte kein Leinöl, und die Gefahr einer Selbstentzündung habe darum nicht bestanden, sagte der Inhaber dem IFS-Gutachter, der diesen Fall untersuchte. Er hatte sich geirrt. Es handelte sich um ein leinölhaltiges Mittel, und im Sicherheitsdatenblatt wies der Hersteller deutlich auf das Risiko der Selbstentzündung hin. Verunreinigte Putzlappen, Pinsel und ähnliches müssen nach Gebrauch sofort in Wasser getränkt oder an brandgeschützter Stelle getrocknet und getrennt entsorgt werden, heißt es in dem Dokument. Die verunreinigten Filter in der Lackiererei wurden allerdings nur nach Bedarf gewechselt, „wenn die Absaugung nicht mehr richtig zieht“, gab der Betriebsinhaber an.
Am selben Arbeitsplatz wurden darüber hinaus auch Zwei-Komponenten-Lacke verarbeitet, durch die sich die Gefahr einer Selbstentzündung noch erhöhte. Auch auf diesen Effekt hatte der Hersteller im Sicherheitsdatenblatt hingewiesen. Durch die Arbeiten am Schadentag wurde das leinölhaltige Produkt fein auf den Filtern der Absaugwand verteilt. Als zum Feierabend die Absaugung ausgeschaltet wurde, fiel der Luftstrom weg, und die Temperatur in der Filteranlage stieg rasant bis zur Selbstentzündung an. Während dieser Fall untersucht wurde, kam auch der Betriebsinhaber auf die Idee, das Sicherheitsdatenblatt zu lesen. Dieser Gedanke kam allerdings zu spät.