Der Kugelhahn ist im Bereich eines innenliegenden Gewindes umlaufend gebrochen.

Vorsicht bei der Bauteilwahl

Gerade einmal 2 Jahre war das Gebäude alt, da lief Leitungswasser durch das Erd- und Untergeschoss. Die Ursache war ein abgebrochener Kugelhahn mit einem Schlauchanschluss in der Garage. Weil die Garage in das Wohnhaus integriert war, konnte sich das Wasser im Haus ausbreiten. Das Haus wurde als Zweitwohnsitz genutzt und war daher nicht ständig bewohnt. Diese Konstellation finden die IFS-Gutachter häufig vor, wenn der Schaden auf eine Frosteinwirkung zurückzuführen ist. Nicht so in diesem Fall; die Untersuchung des schadenursächlichen Kugelhahns im IFS führte in eine ganz andere Richtung: Der Hahn war aus Messing hergestellt und im Bereich des Kugelsitzes umlaufend abgebrochen. Anzeichen für eine äußere Krafteinwirkung oder für einen Produktmangel gab es nicht. Im Rasterelektronenmikroskop (REM) zeigte die Bruchfläche das Bild eines verformungsarmen Bruchverlaufs mit interkristallinen Bruchstrukturen. Dies sind typische Merkmale einer Spannungsrisskorrosion.

Der Kugelhahn ist im Bereich eines innenliegenden Gewindes umlaufend gebrochen.
Der Kugelhahn ist im Bereich eines innenliegenden Gewindes umlaufend gebrochen.

Doch wodurch kann diese entstehen? Spannungsrisskorrosion benötigt zeitgleich drei Voraussetzungen: einen Werkstoff, der dafür anfällig ist, ein Korrosionsmedium und überhöhte Zugspannungen. Messing ist ein solcher Werkstoff, der für diese Korrosionsform anfällig ist. Im Herstellungsprozess entstehen im Material mechanische Eigenspannungen. Wenn allerdings nach der Fertigung beim Hersteller der Werkstoff einem sogenannten Entspannungsglühen unterzogen wird, werden diese Spannungen abgebaut, der Werkstoff wird „thermisch entspannt“. Damit ist er auch für den Einsatz in Trinkwasserinstallationen geeignet – der dort vorhandene Sauerstoff kann aufgrund der dann fehlenden Materialeigenspannungen keine Spannungsrisskorrosion mehr auslösen. Anders in Heizungsinstallationen: Dort ist ohnehin kaum Sauerstoff im Wasser vorhanden, so dass selbst bei vorhandenen Materialspannungen keine Spannungsrisskorrosion entstehen kann. Die Hersteller von Bauteilen nutzen das und sparen für Heizungsbauteile den Schritt des Entspannungsglühens ein.

Blick auf den Kugelsitz: Der Pfeil markiert die Bruchfläche im Gewinde.
Blick auf den Kugelsitz: Der Pfeil markiert die Bruchfläche im Gewinde.

Der Nachteil, der sich daraus ergibt: Als Installateur muss man darauf achten, keine Heizungsbauteile in Trinkwasserinstallationen einzubauen. Im vorliegenden Schadenfall zeigte die Härtemessung im Messingwerkstoff, dass die vorhandenen Werte für den Einsatz in Trinkwasserinstallationen zu hoch waren. Eine Nachfrage beim Hersteller ergab, dass der Kugelhahn nicht für Trinkwasser geeignet und zugelassen war. Es handelte sich um ein Bauteil für Heizungsinstallationen. Der Schaden war also auf den Einbau eines falschen Bauteils durch den Installateur zurückzuführen. Gleichwohl hätten die Hausbesitzer den Schaden erheblich verringern können, wenn sie während ihrer Abwesenheit in dem nicht ständig bewohnten Haus den Haupthahn geschlossen hätten. (Ma)

REM-Aufnahme der Bruchfläche: In der 2.400-fachen Vergrößerung zeigt sich ein verformungsarmer Bruchverlauf mit interkristallinen Strukturen (Pfeile).
REM-Aufnahme der Bruchfläche: In der 2.400-fachen Vergrößerung zeigt sich ein verformungsarmer Bruchverlauf mit interkristallinen Strukturen (Pfeile).