Abdichtung ohne Ende

In einem Neubau bemerkten die Mieter nach kurzer Zeit nasse Stellen im Flur. Zuerst war nur eine Wohnung betroffen, später meldeten sich drei weitere Mieter mit gleichartigen Schäden.

Bei einer Leckageortung wurden keine Schäden an der Trinkwasserinstallation und der Heizungsinstallation festgestellt. Auch die Abwasserinstallation war intakt. Allerdings wurde durch aufwändige Untersuchungen durch die Fachfirma festgestellt, dass aus unerklärlichen Gründen das Wasser aus der bodengleichen Dusche bis in den Flur gelangt. Also wurde das IFS mit der Ursachenfindung beauftragt.

Der Fliesenkleber ist stellenweise völlig durchfeuchtet, wie an der dunklen Färbung erkennbar ist.
Der Fliesenkleber ist stellenweise völlig durchfeuchtet, wie an der dunklen Färbung erkennbar ist.

Zunächst wurden die üblichen Schwachstellen untersucht: Fehlende oder fehlerhaft ausgeführte Abdichtungen an den Wänden der Nassbereiche sind nicht selten. Doch in dieser Dusche war alles in Ordnung, bis auf einige kleinere Schäden an Fliesen und Silikonfugen. Die Abdichtung war ansonsten vorhanden und funktionierte. Seine Mitarbeiter hätten sich schließlich an alle Vorgaben gehalten, verkündete der Bauleiter stolz.

Den Übergang der Dusche in das restliche Badezimmer bildete eine verchromte Leiste – eine reine Zierleiste. Unter dieser verlief die Abdichtungsebene einfach weiter in das Badezimmer. Der Fliesenkleber war dementsprechend, auch noch Wochen nach der letzten Dusche, stellenweise völlig durchfeuchtet.

Die Spurensuche endete am Übergang vom Badezimmer in den Flur – also an genau der Stelle, wo das Unglück durch den Mieter zuerst festgestellt wurde. Dort stellte der IFS-Gutachter fest, dass die Abschlussleiste ebenfalls nur auf der Abdichtungsebene aufgesetzt war und die Abdichtung damit nicht abgeschlossen wurde. Daran änderte auch der vorhandene Bauschaum nichts.

Der oberhalb der Abdichtungsebene entlanggeschobene Maßstab passt unter die Abschlussleiste.
Der oberhalb der Abdichtungsebene entlanggeschobene Maßstab passt unter die Abschlussleiste.

Der Weg des Wassers war nun klar: Ausgehend von kleineren Beschädigungen in der bodengleichen Dusche gelangte es auf der Abdichtungsebene unbemerkt aus dem Badezimmer heraus und beschädigte den hochwertigen Holzfußboden im Flur.

Damit genau dies nicht eintritt, war dem ausführenden Unternehmen die genaue Form der Abdichtung vom Planungsbüro mit auf den Weg gegeben worden. Laut dieser Planung hätte die Abschlussleiste unterhalb der Abdichtungsebene verlaufen müssen und nicht darauf. Die Abdichtung hätte dann in der Abschlussleiste geendet und auch der Weg des Wassers wäre dort beendet gewesen. Die Abschlussleiste war nicht nur in dieser Wohnung falsch angeordnet worden, sondern in allen etwa 90 Wohnungen in dem Gebäude. (DHE)