Stagnation zerstört Edelstahlrohre

In einer größeren Ferienhaus-Wohnanalage war die Trinkwasserinstallation in allen Gebäuden erneuert worden. Obwohl man sich für den Werkstoff Edelstahl entschieden hatte, traten schon nach circa einem Jahr zahlreiche Undichtigkeiten an Pressverbindungen auf.

In mehreren Ortsterminen wurden Rohrabschnitte ausgebaut und für eine Untersuchung im IFS asserviert. Bisher hatten die Leckagen im Wesentlichen nur zu Ablagerungen an den Rohraußenseiten geführt. Leider sollte die Untersuchung zeigen, dass ein Austausch der gesamten Installation erforderlich wurde.

An der Außenseite der Pressverbindung sind nur geringe Ablagerungen vorhanden.
An der Außenseite der Pressverbindung sind nur geringe Ablagerungen vorhanden.

In einer Pressverbindung entsteht zwischen dem eingeschobenen Rohr und dem Fitting immer ein Spalt, der sich bis zum Dichtring mit Wasser füllt. Nachdem die Gutachterin die Verbindungen aufgetrennt hatte, zeigten sich in diesen Spalten zum Teil muldenförmige Materialabträge an den Rohraußenseiten. Stellenweise waren diese so weit fortgeschritten, dass das Rohr beim Auftrennen zerbrach. Besonders dort, wo vorher Dichtringe saßen, waren durch diese Materialverluste die Undichtigkeiten entstanden.

Im Rasterelektronenmikroskop wurde ein Rohrstück im Bereich der muldenförmigen Korrosionsangriffe untersucht. Dabei nahm die Gutachterin auch eine Elementanalyse der Korrosionsprodukte vor. Hierbei fielen insbesondere Chloranteile auf. Auf dieses Element reagiert Edelstahl sehr empfindlich. Doch woher kam es? Die Analysen des Trinkwassers ergaben für Chlorid einen Wert von 168 mg/l. Dieser ist zwar als hoch zu bewerten, liegt aber unterhalb des für Trinkwasser zulässigen Maximalwertes von 250 mg/l. Es musste weitere Auslöser für die Korrosion geben.

Im Bereich des Dichtringsitzes ist das Rohrmaterial muldenförmig abgetragen (Pfeile). Auch darüber liegt im wasserberührten Spalt ein massiver Materialabtrag vor.
Im Bereich des Dichtringsitzes ist das Rohrmaterial muldenförmig abgetragen (Pfeile). Auch darüber liegt im wasserberührten Spalt ein massiver Materialabtrag vor.

Hinweise enthält die DIN EN 12502-4, in der die Einflussfaktoren für die unterschiedlichen Korrosionsarten an nichtrostenden Stählen aufgeführt sind. Neben der Begünstigung von Konzentrationselementen in Spalten wird hier auch auf die steigende Korrosionswahrscheinlichkeit mit zunehmendem Gehalt an Chlorid-Ionen und den ungünstigen Einfluss von langen Zeiträumen mit Stagnation hingewiesen.

Da außerdem keine Hinweise auf Installations- oder Materialfehler vorlagen, war die Ursache für die Schäden gefunden: Die Leitungen waren – möglicherweise durch unregelmäßige Belegung der Ferienwohnungen – nicht ausreichend „gespült“ worden. Zusammen mit dem hohen Chloridgehalt des Wassers führte diese Stagnation zur Spaltkorrosion. (Ma)

Mikroskopische Detailaufnahme des Materialabtrages
Mikroskopische Detailaufnahme des Materialabtrages