Immer der Nase nach

An der AdBlue-Tankstelle einer Autowerkstatt liefen mehrere Hundert Liter der Flüssigkeit aus und verteilten sich im Fußbodenaufbau der Halle und der angrenzenden Büro- und Lagerräume.

AdBlue ist der bekannte Markenname des deutschen Verbandes der Automobilindustrie für eine 32-prozentige Harnstofflösung, die bei Dieselfahrzeugen zur Abgasnachbehandlung eingesetzt wird. Sie wandelt die Stickoxidemissionen in Stickstoff und Wasser um und reduziert so die ausgestoßenen Stickoxide um bis zu 97 Prozent.

Die Adblue-Tankstelle
Die Adblue-Tankstelle

Das IFS sollte in diesen Fall das Schadenausmaß feststellen und die notwendigen Sanierungsmaßnahmen benennen.

Harnstoff ist per se für den Menschen nicht unmittelbar giftig. Er ist Bestandteil vieler Hautcremes, wo er gewöhnlich als „Urea“ bezeichnet wird. Allerdings wird der geruchslose Harnstoff durch Mikroorganismen mit Hilfe des Enzyms Urease zu Kohlenstoffdioxid und dem geruchsintensiven Stoff Ammoniak umgesetzt.

Harnstoffnadeln blühen an den Wänden aus.
Harnstoffnadeln blühen an den Wänden aus.

Das IFS war nicht direkt nach dem Schadeneintritt beauftragt worden. Es waren bereits sechs Monate vergangen. Als der Gutachter die Schadenstelle betrat, roch es nach schlecht gereinigter Bahnhofstoilette.

Die Dämmschicht des Fußbodens und der Estrich waren mittlerweile mit Ammoniak belastet, das den unangenehmen und beißenden Geruch verursachte. Als Sanierungsoption verblieb nur, den kompletten Fußbodenaufbau auszutauschen, da er durchgängig mit dem übelriechenden Ammoniak und dessen Derivaten belastet war. Beim befahrbarem Estrich einer Autowerkstatt ist das ein enormer Aufwand.

Die feinen Nadeln am Estrich sind Harnstoffausblühungen
Die feinen Nadeln am Estrich sind Harnstoffausblühungen

Eine aufwendige Analytik war immerhin nicht erforderlich, um den Rückbaubereich festzulegen. Man konnte der „Nase“ folgend den Sanierungsumfang abstecken. Aufgrund der teilweise gravierenden Belastung der Bausubstanz mit Ammoniak waren aber beim Rückbau besondere Arbeitsschutzmaßnahmen im Hinblick auf diesen Stoff zu beachten. (is/Sc)