IFS Report 4-2016
Das IFS berichtet viermal jährlich im IFS-Report über aktuelle Schadenfälle und weitere Aspekte der Arbeit zur Schadenverhütung. Der IFS-Report erscheint gedruckt und im PDF-Format zum Download.
Auf ein Wort … und selbst in der kleinsten Küche ist
ein Elektroherd kein Abstellplatz. Viele
Brandschäden entstehen durch Unachtsamkeiten und Benutzerfehler – unsere
Gutachter sehen so etwas täglich. Gerade im Advent kommen jedes Jahr diverse Wohnungsbrände durch Kerzen dazu.
Weil es am Ende um nicht weniger geht
als um das eigene Leben, sollten wir uns
ein bisschen Zeit nehmen für unseren
eigenen Sicherheitsstandard. Mit Tipps
dazu versorgt Sie das IFS. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein besinnliches
und frohes Weihnachtsfest. »
« Normen und Richtlinien – deren Erarbeitung und Aktualisierung auch das
IFS unterstützt – setzen Standards für
unsere Sicherheit, auf die wir gerade
hierzulande größten Wert legen. Produktsicherheit ist wichtig, und wir dürfen erwarten, dass Hersteller die gesetzlich vorgeschriebenen Anforderungen
an ihre Produkte ernst nehmen. Ebenso
wichtig ist aber unsere Eigenverantwortung als Anwender und Verbraucher.
Lithium-Akkus überwintern nicht gern
in kalten Garagen, auch Sicherheitszigaretten setzen Bettdecken in Brand
Dr. Hans-Hermann Drews
Geschäftsführer des IFS
19. Jahrgang Dezember 2016
Viele Hersteller rufen Lithium-Akkus wegen Brand- und Explosionsgefahr zurück
Mit dem Rückruf seines neuen Smartphones „Note 7“ hat Samsung jüngst
wochenlang Schlagzeilen gemacht. Im
Internet kursieren diverse Videos, die
das Gerät in Flammen zeigen. Doch der
südkoreanische Hersteller steht mit dem
Problem nicht allein da: Toshiba tauscht
bestimmte Notebook-Akkus aus, die
zwischen Juni 2011 und Januar 2016 verkauft wurden. „Zu Ihrer persönlichen Sicherheit sollten Sie den Akku aus Ihrem
PC entfernen“, empfiehlt Sony manchen
Kunden, die einen Computer aus der
VAIO SVE-Serie besitzen. Auf der Internetseite des Herstellers kann man prüfen, ob das eigene Gerät betroffen ist.
Lenovo tauschte „im Interesse der öffentlichen Sicherheit“ bereits 2014 Akkus seines beliebten „ThinkPad“-Notebooks und erweiterte den Rückruf im
vergangenen Jahr noch einmal. Auch
„HP“ startete im zurückliegenden Sommer eine weltweite Rückrufaktion für
verschiedene Notebook-Akkus.
Klar muss sein: Es geht nicht um Notebooks, Smartphones oder bestimmte
Hersteller. Das Problem ist der Lithium-Akku. Die Bauart ist momentan
Stand der Technik und, was die Energiedichte angeht, nicht zu schlagen. Aber
Lithium-Akkus nehmen generell eine
falsche Behandlung übel, zum Beispiel
Kälte oder Tiefentladungen. In einem
Video auf unserer Internetseite zeigen
wir Akku-Explosionen und erklären, was
man tun kann, um sie zu vermeiden.
Die generelle Brandgefahr ist der eine
Punkt, fehlerhafte Akkus, wie die aus
den oben genannten Produkten, ein anderer. Weil die Zahl der Rückrufe so groß
ist und die meisten davon es nicht bis
auf die Titelseiten schaffen, bleibt dem
IFS nur die Empfehlung, eine gelegentliche Internetrecherche vorzunehmen.
Lithium-Akkus sind heute in den meisten
mobilen Geräten verbaut, die viel Energie benötigen, zum Beispiel E-Fahrräder,
Staubsaugroboter und Spielzeug-Drohnen. Lesen Sie weiter auf Seite 2
-Report
Eine Information des Institutes für Schadenverhütung und
Schadenforschung der öffentlichen Versicherer e.V.
Den aktuellen Report gibt’s auch
per E-Mail. Jetzt anmelden unter
report@ifs-ev.org
Aus unserem Video-Beitrag: Der Akku eines Multicopters beginnt zu brennen. Foto: IFS
„Im Interesse der öffentlichen Sicherheit“
2 IFS-Report 4/2016
Normprüfung unter Idealbedingungen
Das kuriose Schadenbild oben wurde
von einer Zigarette verursacht. Sie war
auf das Sofa gefallen, was der Raucher
nicht bemerkte, bevor er seine Wohnung
verließ. Als er zurückkam, fand er einen
eher kleinen Brandschaden in seinem
Wohnzimmer vor und ein Loch im Fußboden. Ein Glimmbrand war entstanden,
der die Holzdielen zerstört hatte, und
das Sofa stürzte schließlich ein Stockwerk tiefer.
So glimpflich kommen nicht alle davon,
die eine brennende Zigarette aus den
Augen verlieren. Dies sei eine der häufigsten Ursachen für Brandschäden mit
Todesfolge in Europa, ließ die EU-Kommission verlauten und begegnete der
Gefahr mit der sogenannten „LIP-ZiEs lohnt sich zu prüfen, ob ein Gerät
mit Lithium-Akku, das Sie kaufen möchten oder schon besitzen, bereits durch
Brandschäden aufgefallen ist. Offizielle
Warnungen und Rückrufe findet man im
Produktsicherheitsportal der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (baua.de) oder zum Beispiel auf der
Internetseite produktrueckrufe.de.
Gerade jetzt vor Weihnachten bietet es
sich an, die Geschenke einmal unter diesem Gesichtspunkt zu betrachten, denn
viele der betroffenen Produkte stehen
ganz oben auf den Wunschlisten. So hat
das IFS vor Kurzem beispielsweise einen
Brandschaden an einem so genannten
„Hoverboard“ untersucht. Der junge
Besitzer hatte noch nicht einmal die
Gelegenheit, sein neues Spielzeug zu
benutzen, denn schon beim ersten Aufladen ging der Akku im Wohnzimmer in
Flammen auf. Es stellte sich heraus, dass
die Brandgefahr bekannt war und es für
das Hoverboard bereits einen offiziellen
Rückruf gab. Ausführlich stellen wir den
Fall auf unserer Internetseite vor.
garette“, die vor nunmehr fünf Jahren
in der EU eingeführt wurde. Die geringere Neigung zur Entzündung (Lower
Ignition Propensity) soll gewährleistet
werden durch zwei bis drei Bänder, an
denen das Papier der Zigarette dichter
ist. Erreicht die Glut ein solches Band,
ist die Sauerstoffzufuhr und damit der
Verbrennungsprozess reduziert. Die Idee
ist, dass eine Zigarette ohne das aktive
Ziehen des Rauchers an einem der Bänder erlischt, bevor sie brennbares Material in der Umgebung entzündet.
Die Anforderungen an LIP-Zigaretten
sind in der EN ISO 12863 festgeschrieben und werden wie folgt geprüft: Die
Zigaretten werden entzündet und waagerecht auf mehrere Lagen Filterpapier
gelegt. Nicht mehr als 25 % dürfen bei
dieser Prüfung bis zum Filter abbrennen.
Das IFS startete einen solchen Versuch
mit vier Zigaretten – alle erloschen vor
dem letzten Band. Als die Gutachter den
Untergrund aber um 20° neigten, erloschen nur noch drei, und beim Versuch
mit 70° Neigung und einem nicht ebenen Untergrund brannten alle Zigaretten bis zum Filter ab. Der letztgenannte
Versuchsaufbau entspricht in etwa der
Situation einer Kippe, die in eine Sofaritze fällt.
Zahlen zu den Auswirkungen der LIP-Zigarette liegen dem IFS nicht vor. Sicher
ist, dass auch von diesen Produkten
eine Brandgefahr ausgeht, mag sie auch
kleiner sein. Zigarren, Zigarettenpapier
und -hülsen sind übrigens nicht von der
Regelung betroffen. Ob EU-Sicherheitszigarette oder Selbstgedrehte – die Verantwortung bleibt beim Raucher.
Wo das Loch im Fußboden zu sehen ist, hat vorher ein Sofa gestanden. Ein Raucher hatte
eine Kippe auf dem Polstermöbel verloren.
Fünf Jahre „Sicherheitszigarette“ in der EU
Brandversuch mit Sicherheitszigaretten:
Die blauen Streifen markieren die Bänder.
Eine kleine Recherche vor dem Fest
Fortsetzung von Seite 1
Brandschaden und Rückruf zum Hoverboard finden Sie unter www.ifs-ev.org
IFS-Report 4/2016 3
ein Gebäude „ausreichend beheizt“
werden. Weil Installationen und Umstände sehr verschieden sind, muss die
Beheizung an das jeweilige Gebäude angepasst werden. Eine Etagenwohnung
im voll besetzten Mehrfamilienhaus ist
während des Skiurlaubs wahrscheinlich
mit der Frostschutzeinstellung ausreichend geschützt. Die Leitung im Einfamilienhaus hingegen kann schon über
das Wochenende einfrieren. Heikel sind
generell die Phasen, in denen ein Haus
nicht genutzt wird.
Die Frostschutz-Einstellung gewährleistet keinen Schutz
Vor allem in nicht oder nicht dauerhaft bewohnten Immobilien entstehen Frostschäden
Wasserschaden in einem Einfamilienhaus: Im Badezimmer des Obergeschosses ist ein Durchlauferhitzer undicht.
Die Kunststoffschalen des Heizblocks
wurden durch eine Krafteinwirkung von
innen auseinandergedrückt. Zu erklären
ist das ausschließlich durch Frosteinwirkung. Der Mieter des Hauses ist überzeugt, alles richtig gemacht zu haben.
Bevor er das Haus verließ, das er nur an
den Wochenenden nutzte, habe er die
Heizungsthermostaten immer auf das
Frostschutzsymbol gestellt.
Mit seiner irrtümlichen Annahme, diese
Heizungseinstellung würde einen Frostschaden verhindern, ist der Mann nicht
allein. Für Laien kann die Schneeflocke
auf den Temperaturreglern etwas missverständlich sein. Sie bedeutet, dass der
Heizkörper warm wird, wenn die Temperatur am Thermostatventil unter einen
bestimmten Wert fällt, üblicherweise 6
°C . Dadurch soll die Heizung frostfrei
gehalten werden.
Ob damit alle wasserführenden Leitungen im Haus während einer Frostperiode geschützt sind, hängt von der
Installation ab. Grundsätzlich hat die
Frostschutz-Einstellung der Heizung
nichts mit der Trinkwasserinstallation
zu tun. Ist es etwa am Thermostatventil
im Badezimmer noch 6°C warm, so kann
die Temperatur in einer benachbarten
Abseite, durch die Leitungen verlaufen,
längst unter den Gefrierpunkt gefallen
sein.
Kommt es zum Einfrieren, so entsteht
der Schaden übrigens gewöhnlich nicht
an der Stelle, an der sich ein Eispfropf
gebildet hat. Dieser verursacht nur einen Druckanstieg in der Leitung. An
einer schwachen Stelle gibt die Installation schließlich nach: eine Verbindung
löst sich, eine Armatur bricht oder ein
Durchlauferhitzer platzt.
Um solche Schäden zu verhindern, muss
Ist Ihr Haus fit für die kalte Jahreszeit?
Nutzen Sie den kostenlosen IFS-Wintercheck auf unserer Internetseite, um Frostschäden zu vermeiden.
Fotos: IFS (5), Schmiedeberg (1)
Wenn nicht nur die Kerzen brennen Kaum etwas ist so stimmungsvoll wie
Kerzenlicht. Und kaum etwas brennt so
gut wie ein seit Wochen vor sich hintrocknender Weihnachtsbaum. In unserem Brandversuchshaus in Kiel haben
wir ausprobiert, wie aus der kleinen
Flamme einer Baumkerze ein Feuerball
wird, der das ganze Wohnzimmer füllt.
Im Videobeitrag, der so entstanden
ist, erklärt außerdem die Berufsfeuerwehr Kiel, wie man ein solches Schreckens-Szenario vermeidet, und was zu
tun ist, wenn der Christbaum doch einmal Feuer fängt. Besuchen Sie uns unter
www.ifs-ev.org.
IFS-Wintercheck
Die Frostschutz-Einstellung schützt die
Heizung, nicht die Trinkwasserleitungen.
4 IFS-Report 4/2016
Impressum
Herausgeber:
Institut für Schadenverhütung und
Schadenforschung der öffentlichen
Versicherer e.V.
Preetzer Straße 75
24143 Kiel
Tel. +49 431 775 78 – 0
E-Mail: mail@ifs-ev.org
www.ifs-ev.org
Redaktion, Layout:
Redaktion Kiel, Ina Schmiedeberg
Pasteurstraße 23b
14482 Potsdam
Tel. +49 331 27 37 97 01
E-Mail: schmiedeberg@redaktion-kiel.de
Druck:
Carius Druck Kiel GmbH
Boninstraße 25
24114 Kiel
Tel. +49 431 624 46
Bei jedem vierten Brandschaden, der
durch einen menschlichen Fehler verursacht wurde, stellte das IFS im vergangenen Jahr eine versehentlich eingeschaltete oder vergessene Kochplatte
als Ursache fest. Dieser Anteil steigt in
den Statistiken des Institutes seit Jahren.
Dafür gibt es verschiedene Gründe, weiß
IFS-Gutachter Kai Günther: „Im Gegensatz zu den früher üblichen gusseisernen Kochplatten oder Gasherden bietet
sich das Keramikkochfeld geradezu als
Erweiterung der Arbeitsplatte an“.
Insbesondere in kleinen Küchen ist jede
Stellfläche willkommen. Da erobern
Toaster oder Kaffeemaschine schnell
das Kochfeld. Wird dann eine Herdplatte versehentlich eingeschaltet, ist der
Brandausbruch nur eine Frage von Minuten. Mit vollkommen ausgebrannten
Küchen und mit Bewohnern, die beteuern, den Herd nicht eingeschaltet zu haben, hat es das IFS fast jede Woche zu
tun. Ob ein Kochfeld zum Schadenzeitpunkt eingeschaltet war, verrät der Herd
jedoch bei der Untersuchung.
Aus Versehen den Herd einzuschalten,
kann jedem passieren. Da ist es wenig hilfreich, dass Hersteller heute den
Warneffekt einer Leuchte gern dem Design unterordnen. Bei dem Herd oben
links etwa fügt sich das Warnlicht klein
und in dezentem Blau in die Bedienfront.
Gut sichtbare Warnlichter und zum Beispiel ein Signalton beim Einschalten
wären im Sinne der Schadenverhütung
wünschenswert.
Das eigentliche Problem ist freilich, dass
brennbare Materialien auf dem Herd
abgelegt werden. Weil Kochen für viele
nicht mehr zum Alltag gehört, hat der
längst seinen Status als „Feuerstelle“ im
Haus eingebüßt. Gekocht wird nebenbei, und so rückt die Feuerwehr immer
häufiger aus, weil eine Pfanne auf dem
eingeschalteten Herd vergessen wurde.
Ein bisschen mehr Achtsamkeit ist angebracht, um solche Brände zu verhindern,
die schließlich nicht nur Hab und Gut,
sondern auch Leben gefährden.
Aber auch die Technik kann helfen: Eine
Topferkennung schaltet ein Kochfeld nur
ein, wenn ein Topf darauf steht. Für Induktionsherde ist das technisch bedingt
zwangsläufig so. Bei gewöhnlichen
Keramikkochfeldern ist eine zusätzliche
Sensorik notwenig, die selbstverständlich mit höheren Kosten einhergeht.
Für Menschen, die an Demenz oder
Sehstörungen leiden, gibt es Herdüberwachungen, die Schaltvorgänge
durch Signaltöne verdeutlichen und die
Stromversorgung unterbrechen, wenn
eine vorher eingestellte Kochzeit erreicht oder eine kritische Temperatur
überschritten wird.
Die Handtasche gehört ebenso wenig auf den Herd wie die Frühstücksutensilien. Das
Schadenbild rechts zeigt deutlich: Hier wurde ein Topf auf dem Herd vergessen.
Die Zahl der Küchenbrände steigt seit Jahren
Adressfeld
IFS-Report 4/2016
Haben Sie den Herd ausgestellt?
Fotos: IFS (2), Schmiedeberg (1)