IFS Report 3-2020

Das IFS berichtet viermal jährlich im IFS-Report über aktuelle Schadenfälle und weitere Aspekte der Arbeit zur Schadenverhütung. Der IFS-Report erscheint gedruckt und im PDF-Format zum Download.
23. Jahrgang
September 2020
Eine Information des Institutes für Schadenverhütung und
Schadenforschung der öffentlichen Versicherer e.V.
Über einen großen Online-Markt-
platz kauft ein Mann bei einem
chinesischen Anbieter Akkus
und ein Ladegerät für seine „Makita“-
Werkzeuge. Während des Ladevor-
ganges kommt es einige Tage später
zum Brandausbruch. In einem anderen
Fall lag der Kauf der chinesischen
Akkus samt Ladegerät schon über ein
Jahr zurück, als es eine unangenehme
Überraschung gab: Eine Frau hatte das
Ladegerät vom Stromnetz getrennt,
die Akkus lagen daneben auf der
Waschmaschine. Sie hatte gerade das
Haus verlassen, als sie hinter sich ein
explosionsartiges Geräusch hörte.
In beiden Fällen stellte das IFS das
thermische Durchgehen eines Lithium-
Ionen-Akkus als Brandursache fest.
Zum eingangs geschilderten Beispiel
untersuchte ein Gutachter Vergleichs-
produkte, die er vom selben Anbieter
erwarb. Die Elektronik der Nachbau-
akkus unterschied sich vom Original
Diese Nachbauplatine hat nicht die
gleiche Funktion wie das Original.
Für Makita heißt nicht von Makita
Brände durch Austauschakkus für die Elektrowerkzeuge des japanischen Herstellers
Wie das IFS Betroffenen
hilft, Brandfolgen realistisch
einzuschätzen ⟶ S. 2
Foto IFS
unter anderem dadurch, dass nicht alle
Akkuzellen vom Batteriemanagement-
system (BMS) überwacht wurden. Die
Sicherheitseinrichtung erreichte nicht
das Niveau des Makita-Systems.
In der Datenbank des Institutes ist eine
Reihe von Brandschäden dokumentiert,
die durch Akkus für Makita-Werkzeuge
entstanden sind. Während ein Teil
davon wissentlich als Nachbau gekauft
wurde, glaubten einige betroffene
Kunden, ein Originalteil des japanischen
Markenherstellers erworben zu haben.
Ob es sich in diesen Fällen tatsächlich
um Makita-Akkus handelte, konnte
wegen des hohen Zerstörungsgrades
nicht mehr festgestellt werden.
Das Unternehmen weist auf seiner Inter-
netseite auf Sicherheitsrisiken durch
Nachbauten und Produktfälschungen
hin und betont, für Schäden, die
dadurch entstehen, keine Haftung zu
übernehmen. Die Akkus und Ladegeräte
werden auf verschiedenen Internet-
seiten, von verschiedenen Anbietern
und in unterschiedlichen technischen
Ausführungen feilgeboten. Zudem
findet man online sowohl elektronische
Bauteile als auch absurde Anleitungen,
um die Sicherheitseinrichtungen
des Herstellers zu umgehen, die im
Fehlerfall den weiteren Betrieb bzw.
das Laden des Akkus verhindern.
Von Lithium-Ionen-Akkus geht ein
generelles, aber nicht per se hohes
Brandrisiko aus, das durch Hand-
habungsfehler steigt. Durch Mani-
pulationen oder durch Produkte, die
nicht oder nur mit unzureichenden
Sicherheitseinrichtungen ausgestattet
sind, wird die Gefahr einer Brandent-
stehung allerdings unkalkulierbar. Mit
dem Kauf von Markenprodukten im
Fachhandel lässt sich das Risiko zwar
nicht komplett ausschließen, aber
erheblich reduzieren. Zudem gibt es im
Schadenfall einen Ansprechpartner.
2 IFS-Report 3/2020
Nach einem Feuer in einer Schule
oder in einer Kita fühlen sich
viele Eltern unwohl bei dem
Gedanken, dass ihre Kinder täglich
viele Stunden in den möglicherweise
belasteten Räumen verbringen. Das IFS
ermittelt nicht nur Brandursachen, es
bewertet auch sogenannte Brandfolge-
schäden und erstellt Konzepte für die
Reinigung, Sanierung und Entsorgung.
Ein Gespräch mit dem Gutachter hilft
Betroffenen, die Gesundheitsgefahren
richtig einzuschätzen, die durch ein
Feuer entstehen. „Diese Risiken können
zwar durchaus erheblich sein, aber sie
werden von Laien häufig stark über-
bewertet“, sagt Dr. Jacob Duvigneau.
Der Chemiker trägt im IFS die Fach-
verantwortung für die Untersuchung
von Brandfolgeschäden und hat schon
zahlreiche Informationsveranstaltungen
für Eltern durchgeführt. Dabei ver-
mittelt er Grundlagen zu Gefahrstoffen,
damit sich die Teilnehmer ein eigenes
Bild der Situation machen zu können.
Bei den problematischen Verbindungen,
die an Brandstellen zurückbleiben,
handelt es sich vor allem um Poly-
cyclische Aromatische Kohlenwasser-
stoffe (PAK). Sie entstehen bei der
unvollständigen Verbrennung nahezu
aller organischen Verbindungen, wie
etwa Holz oder Kunststoff; viele dieser
Verbindungen sind krebserregend. Der
Zielwert einer Brandschadensanierung
liegt im Wohnbereich bei unter 10 μg/
m2. Um die festgelegten Werte in ein
vorstellbares Verhältnis zu setzen, zieht
Duvigneau gern Vergleiche von unse-
rem Speiseplan heran: „Mit 200 Gramm
Steak vom heimischen Grill nimmt man
zum Beispiel 10 μg des PAK Benzo(a)pyren
auf“, erklärt er. Denn häufig fehlt es den
Eltern vor allem an Vertrauen in das
Sanierungsergebnis. Für Dioxine, die
entstehen, wenn größere Mengen PVC
oder Holzschutzmittel unvollständig
verbrennen, liegt der Sanierungsziel-
wert in Räumen, die dem ständigen
Aufenthalt von Menschen dienen, bei
unter 10 ng/m2. Zum Vergleich: Meeres-
fisch kann bis zu 35,7 ng Toxizitätsäqui-
valent pro Kilogramm Fett enthalten.
Kein Ruß, wenig Schadstoffe
Schadstoffe wie PAK befinden sich an
der kalten Brandstelle vor allem im Ruß
und nur in weitaus geringerem Maße
in der Raumluft. Mit der Beseitigung
der Verschmutzungen verschwinden
Brandfolgen realistisch bewerten
Nach Bränden in Schulen und Kindergärten sind viele Eltern besorgt. Das IFS hilft, die
Gesundheitsrisiken durch die Brandfolgen richtig einzuschätzen
demnach auch sie. Welche Schad-
stoffe überhaupt entstehen und in
welcher Konzentration, hängt unter
anderem von der Brandlast und den
Brandbedingungen ab. Unter Sauer-
stoffmangel entsteht ein Schwel-
brand, der selbst bei vergleichsweise
kleiner räumlicher Ausdehnung sehr
viel Ruß erzeugen kann. Die Ver-
unreinigungen nehmen gewöhnlich
mit der Entfernung vom Brandherd
stark ab. Ein Brandareal kann darum
sehr unterschiedlich belastet sein.
Der Gutachter dokumentiert diese
Unterschiede durch eine Einteilung
in Gefahrenbereiche (GB) nach der
VdS-Richtlinie 2357. GB 0 steht in der
Regel für minimale Verschmutzungen
in einem kleinen Bereich. Dort können
die Brandfolgen von jedermann mit
haushaltsüblichen Mitteln beseitigt
werden. Ab GB 1 ist die Schaden-
stelle als kontaminierter Bereich im
Sinne der einschlägigen Regelwerke
zu betrachten. Die Reinigungs- und
Sanierungsarbeiten sollten deshalb von
Fachfirmen vorgenommen werden.
Viele Zimmer-, Keller- und Dachstuhl-
brände fallen in diese Kategorie. Die
Anforderungen steigen im GB 2, wenn
beispielsweise größere Mengen Kunst-
stoff verbrannt sind, und im GB 3, einem
Brand unter Beteiligung oder Frei-
setzung von Gefahrstoffen. Relevant ist
die Einteilung für die Sanierungsmaß-
nahmen und den Personenschutz. Nach
einer erfolgreichen Sanierung sind die
Anforderungen an alle Bereiche die glei-
chen: Ein bedenkenlos nutzbarer Raum.
Die Definition der Gefahrenbereiche
gemäß der VdS-Richtlinie 2357 und
entsprechende Beispielfotos finden
Sie in der erweiterten Online-Fassung
dieses Beitrages unter www.ifs-ev.org
Diese Brandstelle in einer Kita gehört zum Gefahrenbereich 1.
Der direkte Link zum Beitrag
https://bit.ly/3hVS5R6