IFS Report 3-2016

Das IFS berichtet viermal jährlich im IFS-Report über aktuelle Schadenfälle und weitere Aspekte der Arbeit zur Schadenverhütung. Der IFS-Report erscheint gedruckt und im PDF-Format zum Download.
1IFS-Report 3/2016
Auf ein Wort … sich im Sinne der Schadenverhütung in
Vorschriften und Richtlinien widerspie-
geln. Das ist gar nicht so einfach, denn

Schwachstellen offenbaren sich häufig

erst durch auftretende Schäden, wie die

Praxis zeigt.

Hier leistet das IFS einen wertvollen

Beitrag: Die Ergebnisse der technischen

Untersuchungen werden systematisch

ausgewertet und in die entsprechenden

Fachgremien getragen. Damit das Regel-
werk der Realität nicht hinterherhinkt,

muss das aktuelle Schadengeschehen

berücksichtigt werden. »
«Schritt zu halten mit der Technik,
ist nicht nur für Sie und mich eine He-
rausforderung, sondern auch für die

Schadenverhütung. Lithium-Akkus zum

Beispiel haben eine neue Brandgefahr

in die Haushalte getragen, und manche

Solarthermieanlage neigt konstruktions-

bedingt zur Überhitzung, wie oben zu

lesen ist. Neue Produkte, die den Mas-

senmarkt erobern, neue Materialien und

auch Entwicklungen, wie etwa die stän-
dig steigende Energiedichte von Akkus,

gehen zwangsläufig mit neuen Schaden-
potentialen einher. Diese Risiken müssen
Peter Philipp
Abteilungsdirektor Sach- und Haftpflicht –
schaden der SV SparkassenVersicherung
sowie Beiratsmitglied des IFS
19. Jahrgang September 2016
Ein Konstruktionsproblem an thermischen Solaranlagen verursacht Dachbrände
Die Strahlungsenergie der Sonne zu nut-
zen, um die Rechnung vom Energiever-
sorger zu drosseln, ist umweltfreundlich

und zahlt sich langfristig auch finanziell

aus. Auf immer mehr Dächern sieht man

darum die Kollektoren von Solarther-
mieanlagen. Sie werden als Auf- und

als Indachkonstruktion angeboten. Das

IFS hat bereits zehn Indachanlagen un-
tersucht, an denen es zu Brandausbrü-
chen gekommen ist. Ein generelles Kon-
struktionsproblem zeichnet sich deutlich
ab. Darauf haben wir bereits im Report

2/2013 und auf unserer Internetseite

hingewiesen.

Anders als Photovoltaikanlagen wan-
deln thermische Solaranlagen Sonnen-
energie nicht in elektrische sondern in

Wärmeenergie um, die zur Erwärmung

von Trinkwasser und bei einigen Anla-
gen auch zur Unterstützung der Heizung

genutzt wird. In den Kollektoren wird

eine Wärmeträgerflüssigkeit erhitzt, die

mit Hilfe einer Umwälzpumpe durch ein
Rohrsystem zum Pufferspeicher trans-
portiert wird. Doch es kommt zu Still-
standszeiten – nicht nur durch Störun-
gen, die einkalkuliert werden müssen,

sondern auch im regelmäßigen Betrieb.

Dies geschieht, wenn zum Beispiel der

Pufferspeicher auf die maximal zulässi-
ge Temperatur aufgeheizt ist und keine

Wärme mehr benötigt wird. Beim Über-
schreiten einer bestimmten Temperatur

an den Kollektoren schalten die Anlagen

die Umwälzpumpe ab, um eine Überhit-
zung des Pufferspeichers zu vermeiden.

Die Anlage geht dann in Stagnation.

Diese betriebsmäßigen Stagnationen

treten vor allem an sonnigen Tagen im

Frühling und Sommer auf. Das Problem:

Wird die Wärmeenergie nicht mehr ab-
geleitet, so steigt die Temperatur am

Kollektor. Einige Hersteller geben für

Stillstandszeiten Höchsttemperaturen

von 185 °C, andere von 210 °C an. Diese

Werte liegen weit über der möglichen

Zündtemperatur von Holzbauteilen.
Lesen Sie weiter auf Seite 2
-ReportEine Information des Institutes für Schadenverhütung und
Schadenforschung der öffentlichen Versicherer e.V.
Neuer IFS-Standort im

Norden Bayerns: Wo Sie uns

finden, verrät unsere Karte

auf Seite 3
Freier Blick gen Himmel: Das Dach wurde beim Brand zerstört. Foto: IFS
Sommer, Sonne, Brandausbruch
2IFS-Report 3/2016
Eine Lücke im technischen Regelwerk
Bei den untersuchten Indachanlagen
waren Holzrahmen Bestandteil der So-
larmodule. Die Absorberbleche der Kol-
lektoren standen in direktem Kontakt

zum Rahmen. In diesem Bereich kam

es zur Überhitzung und schließlich zum

Brandausbruch. In einigen Fällen kam es

auch zu Überhitzungen, weil nur wenige

Millimeter zwischen Holzbauteilen und
Eine Leckage in der Küche im vierten
Stock: Über die Geschossdecken läuft

Wasser in alle darunter liegenden Stock-
werke. In der noch nicht einmal ein Jahr

alten Einbauküche ist eine Anschluss-

verschraubung der Spültischarmatur

gebrochen.

Bei der späteren Untersuchung im IFS

fällt auf: Weder an der Armatur noch

an den Schläuchen gibt es irgendeine

Kennzeichnung. Zwar ist ein hübsches

Seepferdchen-Logo auf das Gehäuse

gelasert, doch einen Hinweis auf den

Hersteller oder gar ein Prüfsiegel sucht

man vergebens. „Solche No-Name-Pro-
dukte erhalten wir nach Leitungswas-
serschäden immer häufiger“, sagt Dr.

Frank Nahrwold. In diesem Fall waren

die unteren Anschlusskomponenten
stark korrodiert. Am Warmwasserzu-
lauf war der Überwurf des Schlauchan-
schlusses rundum abgebrochen. „Dieses

Bauteil muss gemäß den technischen

Regeln aus Messing bestehen“, erklärt

der Gutachter. „Es handelt sich aber

um einen Zinkwerkstoff mit Nickelbe-
schichtung“. Auch die stark korrodierten

Anschluss-Stutzen bestanden nicht aus

Messing, und das äußere Metallgeflecht

der flexiblen Schläuche war nicht aus

Edelstahl, sondern aus Aluminiumfasern

gefertigt. „Weder die Armatur noch die

Schläuche sind für Trinkwasserinstalla-
tionen geeignet. Bei solchen Mängeln

treten früher oder später zwangsläufig

Schäden auf“, sagt Nahrwold.

Im Internet findet man viele ähnliche

Produkte. Armaturen werden für wenig
mehr als 20 Euro, auf ausländischen Sei-
ten sogar für unter zehn Euro angebo-
ten. Hersteller unbekannt.

Um Schäden zu vermeiden, sollte man

beim Kauf von Bauteilen für die Trink-
wasserinstallation auf ein anerkanntes

Prüfsiegel achten, z. B. DVGW. Zumin-
dest sollten nur Produkte verwendet

werden, bei denen der Hersteller er-
kennbar ist.
den internen Rohrleitungen für die Wär-
meträgerflüssigkeit lagen. Das IFS ist

mit den Herstellern in Kontakt getreten

und hat auf die Schadenursachen hinge-
wiesen.

Die Zündtemperatur von Holz liegt, je

nach Art, zunächst zwischen 280 und

340 °C. Doch durch lang andauernde

und wiederholte thermische Einwirkung
wird das Material mit der Zeit thermisch

aufbereitet. Die Zündtemperatur kann

dabei bis auf 120 °C und sogar darunter

absinken. Dem tragen die Feuerungsver-
ordnungen der Bundesländer Rechnung,

indem sie für Abgasanlagen Mindestab-
stände zu brennbaren Materialien vor-
geben. Das Abgasrohr eines Kaminofens

muss zum Beispiel so weit von Holzbau-
teilen entfernt sein, dass das Holz kei-
nen Temperaturen von mehr als 85 °C

ausgesetzt ist.

Für thermische Solaranlagen gibt es

bisher keine Vorschriften oder Richt-
linien bezüglich vergleichbarer Min-
destabstände. Darum steht das IFS im

Austausch mit dem Deutschen Institut

für Normung (DIN), seit die Gutachter

auf das Konstruktionsproblem gestoßen

sind. Bei der Untersuchung der brandbe-
troffenen Anlagen fanden die Gutachter

auch außerhalb der Brandbereiche an

vielen Stellen Verfärbungen an den Rah-
men der Kollektoren, die eine Überhit-
zung der Holzbauteile anzeigten. Das IFS

rechnet mit weiteren Brandausbrüchen.
Eine Solaranlage wird demontiert: Das Solarglas wurde bereits entfernt. Darunter sind die

Absorberbleche (1) und der schwarz gefärbte Holzrahmen (2) zu sehen. Kleines Bild: Im

markierten Bereich wurde das Holz des Rahmens durch Hitzeeinwirkung verfärbt.
Fortsetzung von Seite 1
Produktfehler: Hersteller unbekanntLeitungswasserschäden durch mangelhafte Armaturen
Der Warmwasseranschluss der Armatur ist

stark korrodiert und undicht.