IFS Report 2-2021

Das IFS berichtet viermal jährlich im IFS-Report über aktuelle Schadenfälle und weitere Aspekte der Arbeit zur Schadenverhütung. Der IFS-Report erscheint gedruckt und im PDF-Format zum Download.


24. Jahrgang
Juni 2021
Eine Information des Institutes für Schadenverhütung und
Schadenforschung der öffentlichen Versicherer e.V.
Eine gute Stunde nachdem die
jugendliche Tochter das Haus
verlassen hatte, alarmierte der
Rauchmelder im Obergeschoss die
Eltern. Für eigene Löschversuche war es
wegen der starken Rauchentwicklung
bereits zu spät, doch die Feuerwehr
konnte den Brand auf einen relativ
kleinen Bereich im Jugendzimmer
eingrenzen. Die intensiven Brandver-
schmutzungen richteten allerdings
einen umfangreichen Schaden an.
In den Fokus der Brandursachen-
ermittlung rückte bald ein Gerät,
das hierzulande noch vor ein paar
Jahren kaum von Bedeutung war und
sich allmählich einen festen Platz
in der Schadendatenbank des IFS
sichert: der Shisha-Kohleanzünder.
Zum Rauchen einer Wasserpfeife
oder Shisha benötigt man glühende
Kohle, und um die Kohle zum Glühen
Der Kohleanzünder aus dem
Brandfall und ein Vergleichsgerät
werden im Labor untersucht.
Feueralarm im Jugendzimmer
Warum bei Shisha-Kohleanzündern häufig das Umfeld der kritische Punkt ist
Warum es wichtig ist,
Absperrventile regelmäßig
zu betätigen ⟶ S. 3
Foto: IFS
zu bringen, ist der Anzünder not-
wendig. Die Geräte gibt es kosten-
günstig im Onlinehandel und auch
in manchen Supermärkten. Sie sind
in flacher Bauweise erhältlich, die im
Wesentlichen aus einer Bodenplatte
mit elektrischer Heizspirale besteht,
oder in einer höheren Bauform, wie
sie auf dem Foto zu sehen ist.
Ein untypischer Gerätetyp
Im geschilderten Fall waren Materialien
durch die Hitze des Kohleanzünders in
Brand geraten. In unmittelbarer Nähe
hatten sich Papier, Pappe und Vorhang-
stoff befunden. Das Gerät stand vor
der geöffneten Balkontür. Vielleicht
hatte die Tochter vergessen es aus-
zuschalten. Möglicherweise wurde
es auch durch die Tür umgestoßen
und dabei eingeschaltet. Bei Brand-
versuchen konnte das schon mit sehr
geringem Kraftaufwand geschehen.
Die höchste Temperatur am Anzünder
maß die IFS-Gutachterin, die den Fall
untersuchte, am oberen Korb, in den
die Kohle gelegt wird. Hier konnten
auch Materialien wie Baumwolle –
Zündtemperatur 450 °C – in Brand
geraten. Auch außen am Korb genügte
die Hitze, um Pappe zu entzünden. In
einem weiteren vom IFS untersuchten
Fall geriet in einem Jugendzimmer
das Bett in Brand, nachdem ein Kohle-
anzünder – ebenfalls versehentlich ein-
geschaltet – darunter geschoben wurde.
Mit Shisha-Kohleanzündern hält ein
Gerätetyp, den man eher in der Küche
verorten würde, Einzug ins Jugend-
zimmer. Dort hat er in der Regel weder
einen festen Aufstellplatz, noch trifft
er auf das Risikobewusstsein, das
beim Umgang mit elektrotechnischen
Geräten, die betriebsbedingt starke
Hitze entwickeln, angebracht ist.
Ein brenzliges Lifestyle-Spielzeug.
2 IFS-Report 2/2021
Roller-Rückruf von „unu“Hersteller und Kraftfahrt-Bundesamt weisen auf mögliche
Brände an den Akkus der Elektroroller hin
Seit drei Tagen war eine Familie
im Urlaub, als Nachbarn einen
Feuerschein hinter dem Wohn-
zimmerfenster des Hauses bemerkten.
Drinnen hatten die Akkupacks eines
Elektrorollers zu brennen begonnen,
wie die spätere Ursachenermittlung
ergab. Es handelte sich dabei um
die Lithium-Ionen-Akkus eines Fahr-
zeuges der Berliner unu GmbH.
Für unu-Roller „Classic“ aus den Bau-
jahren 2018 und 2019 hat das Kraft-
fahrt-Bundesamt im vergangenen
Sommer einen Rückruf veröffentlicht
mit Hinweis auf eine mögliche Brand-
gefahr. Demnach ist eine Überprüfung
der Akkumulatoren erforderlich und
eine Anpassung der Rekuperation,
das heißt der Schaltung, die – ähnlich
wie bei einem Dynamo – das Laden
des Akkus während der Fahrt beim
Bremsen ermöglicht. Zu dem Produkt
gibt es auch eine Meldung bei Rapex,
dem Schnellwarnsystem der EU für
Verbraucherschutz. Darin heißt es,
hohe Ladeströme, die während der
Rekuperation zeitweise auftreten,
können zu Bränden am Akku führen.
Das IFS hat bereits eine Reihe von
brandbetroffenen unu-Akkus unter-
sucht. Dabei kam es in einigen Fällen
zum Brandausbruch, während sich
die Akkus am abgestellten Fahrzeug
befanden, in anderen Fällen gerieten
sie in der Wohnung der Halter in
Brand. Die etwa schuhkartongroßen
Akkupacks sind im Betrieb unter dem
Sitz des Rollers untergebracht und
werden zum Laden herausgenommen.
Wie im eingangs geschilderten Fall
befanden sich allerdings auch die
Energiespeicher, bei denen es in
Wohnräumen zum Brandausbruch
kam, nicht alle in der Ladephase.
Der Hersteller hat im vergangenen
Sommer Kunden über seine Rückruf-
aktion informiert. Weil danach weitere
„Vorfälle mit Batterien“ auftraten, die
bereits auf ihre Sicherheit überprüft
worden waren, richtete sich unu Ende
des Jahres erneut an Besitzer des
„unu Scooter Classic“ mit der Bitte,
dem Unternehmen die Batterieserien-
nummern mitzuteilen. Akkupacks aus
bestimmten Produktionszeiträumen
müssen „genauer angesehen“ wer-
den, heißt es in der Mitteilung. In der
online-Fassung dieses Beitrages ver-
linken wir die Rückrufe sowie die Ser-
vice-Seite, auf der Kunden ihre Batte-
rienummern eingeben können.
Besuchen Sie uns unter
www.ifs-ev.org/unu
Aktuelle Ursachen-
statistiken online
Neuer Gutachter für
das IFS in Stuttgart
Dr. Jens Sorg
IFS Stuttgart
Tel. +49 711 380 42 60 70
sorg@ifs-ev.org
Das IFS begrüßt einen neuen
Kollegen: Dr. Jens Sorg ist Chemiker
und wurde vom Institut für
Anorganische Chemie der Uni-
versität Würzburg promoviert. Für
das IFS ermittelt er Brandursachen
und untersucht Brandfolge- sowie
Feuchteschäden.
Ein UNU-Roller, dessen Akkus in der Wohnung des Betroffenen durchgegangen sind. Das
kleine Bild zeigt die Akkus eines Rollers, der durch einen Defekt im Akku verbrannt ist.
Die neuen Ursachenstatistiken sind
jetzt auf unserer Internetseite
abrufbar. Seit 2002 erfasst das IFS
die Ergebnisse der eigenen Brand-
ursachenermittlungen statistisch;
die Erfassung der Ursachen von
Leitungswasserschäden reicht bis
ins Jahr 2003 zurück. Die Aus-
wertungen des Jahres 2020 haben
erneut die relativ stabile Verteilung
der Schadenursachen bestätigt. So
gibt es zum Beispiel im Fachbereich
Leitungswasserschäden einen
Schwerpunkt bei den Ausführungs-
fehlern, die immer wieder einen
Anteil von etwa 40 Prozent
ausmachen. Die IFS-Statistiken
können honorarfrei eingesehen und
heruntergeladen werden. Besuchen
Sie uns unter
www.ifs-ev.org/
ursachenstatistiken