IFS Report 2-2011

Das IFS berichtet viermal jährlich im IFS-Report über aktuelle Schadenfälle und weitere Aspekte der Arbeit zur Schadenverhütung. Der IFS-Report erscheint gedruckt und im PDF-Format zum Download.
Brandrisiko
Überhitzung von LithiumIonen-Akkus
Titel
Lebensgefahr
Unfälle mit Flüssiggasflaschen
Seite 2
Workshop
Rechtssicheres Handeln in
Unternehmen
Seite 3
Umweltmanagement
Hauptabteilung
der VKB zertifiziert
Seite 4
Die Kehrseite des Datenblattes
Lithium-Ionen-Akkus überzeugen mit guten Leistungen. Doch es gibt auch Schwachstellen.
Hohe Energiedichte, relativ lange Haltbarkeit und geringe
Selbstentladung – Lithium-Ionen-Akkus haben gegenüber
den meisten anderen Akkumulatoren beim derzeitigen Stand
der Technik diverse Vorteile. Sie werden beispielsweise zum
Betrieb von Mobiltelefonen, Notebooks und auch
Elektrofahrzeugen eingesetzt. Doch immer wieder geraten sie
wegen Brandrisiken in die Schlagzeilen. In der Vergangenheit
mussten Millionen Notebook-Akkus wegen drohender Überhitzung zurückgerufen werden. In zahlreichen Brandfällen ermittelte das IFS bereits eine Schadenursache im
Zusammenhang mit dieser Speichertechnik. Erst kürzlich untersuchte IFS-Gutachter Jürgen Hoyer den Brand eines
Elektrorollers und lokalisierte den Brandausbruch in einer Zelle
des Lithium-Ionen-Akkus, der unter der Sitzbank verbaut war.
Das Fahrzeug hatte zum Schadenzeitpunkt in der Garage des
Versicherungsnehmers gestanden; der jüngste Ladevorgang
des Akkus lag bereits einen Monat zurück. „Die meisten Brände
entstehen jedoch in der Ladephase“, sagt Jürgen Hoyer. In den
Betriebsanleitungen der Hersteller werden Kunden zumeist darauf hingewiesen, den Akku beim Aufladen nicht unbeaufsichtigt zu lassen. Bei Ladezeiten von mehreren Stunden ist dies
allerdings keine allzu praxisnahe Forderung.
Gründe für die Überhitzungen sind zum einen technische
Mängel, die bei der Herstellung entstehen – je hochwertiger
das „Innenleben“ eines Akkus, desto geringer das Brandrisiko.
Eine Information des Institutes
für Schadenverhütung und
Schadenforschung der
öffentlichen Versicherer e.V.
Wir mussten von unserem Beiratsmitglied und hochgeschätzten Kollegen
Dipl.-Ing. Wolfgang Raab Abschied nehmen. Am 9. Dezember 2010 verstarb er
im Alter von 53 Jahren nach schwerer
Krankheit.
Seit 1998 vertrat Wolfgang Raab die
Versicherungskammer Bayern im Beirat
des IFS. In der Zeit seines langjährigen
Wirkens hat er die Arbeit des Instituts
maßgeblich mit geprägt. So hat er die
Regionalisierung stark gefördert. Die erste Außenstelle des IFS entstand auf seine Initiative und durch seine
Unterstützung in München.
Er war die treibende Kraft für zahlreiche
Schadenverhütungsprojekte im Kreise
der öffentlichen Versicherer in enger
Zusammenarbeit mit dem IFS. Viele gute
Ideen wurden von ihm auf den Weg gebracht und umgesetzt. In der überaus
angenehmen Zusammenarbeit mit ihm
schätzten wir immer wieder seine sehr
freundliche und zupackende Art.
Wir trauern tief um einen Freund und
Kollegen, dem wir viel zu verdanken haben.
Vorstand, Beirat, Geschäftsführung
und Mitarbeiter des IFS
Nachruf
Zum anderen ist die Technik des Lithium-Ionen-Akkus
schlichtweg anfällig für interne Kurzschlüsse. Viele
Wissenschaftler und Entwicklungsingenieure arbeiten an
Lösungen für dieses Problem. Denn neben der mobilen
Nutzung von elektronischen Geräten ist vor allem die
Elektromobilität ein bedeutendes Anwendungsgebiet.
Der Roller; kleines Bild: die betroffenen Zellen des Akkublocks. Fotos: IFS
ßen können. Der Partyraum
brannte vollständig aus; der
Sohn des Versicherungsnehmers erlitt sehr schwere
Verbrennungen.
Die Feuerwehr fand drei
Propangasflaschen im Brandbereich. Bei der Laboruntersuchung im IFS stellte sich
heraus, dass bei einer der angeschlossenen Gasflaschen
zum Schadenzeitpunkt das
Ventil geöffnet war. Wegen
der massiven Zerstörungen
konnte die Schadenursache
nicht mehr zweifelsfrei ermittelt werden. Fest stand
allerdings, dass plötzlich eine
große Menge Gas ausgeströmt sein musste.
„Bei Brandschäden im
Zusammenhang mit Flüssiggasflaschen haben wir es gewöhnlich mit hohen Sachschäden und mit schweren
oder sogar tödlichen
Verletzungen zu tun“, sagt
IFS-Gutachter Dr. Götz
Milkereit, der den hier beschriebenen Fall vor Ort
untersuchte. Die Anschlüsse
von Flüssiggasflaschen sind in
Deutschland gemäß DIN
4811 mit Linksgewinden versehen. Dies soll das Bewusstsein für die Gasanwendung
erhöhen und einen Falschanschluss verhindern. Allerdings kann diese Sicherheitsmaßnahme auch problematisch sein, wenn zum Beispiel
aus Gewohnheit durch eine
Rechtsdrehung der Anschluss
versehentlich geöffnet wird,
obwohl er geschlossen werden sollte.
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Neue Mitarbeiter
Verstärkung für das
Fachgebiet Leitungswasserschäden: Im Mai hat die
Diplom-Physikerin Dr. Meike
Quitzau mit der Einarbeitung
im IFS Kiel begonnen. Die gebürtige Neumünsteranerin
promovierte 2010 an der
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Im IFS wird ihr
Aufgabenschwerpunkt auf
der Laboruntersuchung von
schadenursächlichen Asservaten liegen. Sie ist zu erreichen unter der Rufnummer
0431 / 775 78 49 und per EMail an quitzau@ifs-ev.org.
Fachgebiet Leitungswasserschäden Brandursachenermittler für Stuttgart
Auch für das Fachbebiet
Brandschäden wird seit
Mai eine neuer Gutachter eingearbeitet: Dr. Andreas
Timmann promovierte 2006
an der Universität Hamburg.
Zuletzt war der DiplomChemiker für drei Jahre beim
DESY, dem Deutschen
Elektronen-Synchrotron, tätig.
Nach seiner Einarbeitung wird
der gebürtige Hamburger als
Brandursachenermittler für
das IFS-Büro Stuttgart arbeiten. Dr. Timmann ist per EMail an timmann@ifs-ev.org
erreichbar.
Oftmals schwere Verletzungen
Nach einer Feier kam es
im Haus eines
Versicherungsnehmers zu einem schweren Unfall, bei
dem sein Sohn lebensgefährlich verletzt wurde. Der
Partyraum – ein Anbau zwischen dem Wohnhaus und
der Garage – wurde in der
Schadennacht mit zwei
Katalytöfen beheizt. Als die
letzten Gäste gingen, war einer der Öfen bereits ausgeschaltet. Der Sohn des
Versicherungsnehmers versuchte vergeblich, auch das
zweite Heizgerät auszuschalten, doch es gelang ihm
nicht. Seine Freundin gab an,
die Propangasflasche, an die
der Ofen angeschlossen war,
bereits zugedreht zu haben.
Plötzlich kam es zu einem
Brand. Eine Flammenfront sei
durch den Anbau gelaufen,
gab die junge Frau später an.
Sie habe gerade noch die
Küchentür zum Anbau schlieDer ausgebrannte Partyraum zwischen der Garage (1) und der Küche (2)
Warnhinweise auf einer Propangasflasche
Brandschäden durch Flüssiggas
Dr. Meike Quitzau Dr. Andreas Timmann
Im Frühjahr meldete das
Handelsblatt die Verurteilung
eines Firmenchefs und fünf
weiterer Manager zu mehrjährigen Haftstrafen im
Zusammenhang mit einem
schweren Arbeitsunfall.
Führungspositionen bringen
weitreichende rechtliche
Verantwortungen mit sich.
Die steigende Zahl von rechtlichen Anforderungen und
Gesetzen, insbesondere in
Bezug auf Sicherheit und
Umweltverträglichkeit, verlangt Führungskräften heute
fachübergreifende Kenntnisse ab und fordert umfangreiche Maßnahmen in
Unternehmen. Nur durch eine
dokumentierte Aufbau- und
Ablauforganisation mit klaren
Aufgaben, Kompetenzen und
Verantwortungen kann im
Schadenfall die Einhaltung
von Anweisungs-, Auswahlund Überwachungspflichten
nachgewiesen werden.
Rechtssicheres Handeln in
Unternehmen gewinnt sowohl an Bedeutung als auch
an Komplexität. Die IFS
GmbH veranstaltet zu diesem
Thema am Donnerstag,
27.10.2011, einen Workshop
in Kiel. Im Mittelpunkt werden die Grundlagen einer
„gerichtsfesten“ Organisation sowie deren Integration
in Managementsysteme stehen. Als Referent ist Andreas
Wagener geladen. Er ist
Rechtsanwalt im Bereich des
Schadenersatzrechts und verfügt über eine langjährige
Erfahrung als Dozent auf diesem Gebiet.
Die Seminarkosten betragen
250 Euro. Für die Anmeldungen und die Reservierung
von Zimmern wenden Sie sich
bitte bis zum 30. Juni 2011
an Claudia Bednarz unter
der Telefonnummer
0431 / 70 26 96 14.
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Passanten bemerkten
Brandrauch, der aus einem – zu diesem Zeitpunkt
geschlossenen – italienischen
Restaurant kam und riefen
die Feuerwehr. Es war zu einem Feuer im Bereich des
Pizzaofens gekommen. Das
IFS sollte die Brandursache ermitteln: Anhand des Spurenbildes war klar zu erkennen,
dass das Schadenfeuer im
Inneren des Ofens entstanden
sein musste. Dieser bestand
aus zwei Backkammern und
einem darunter angeordneten Gärschrank. Zum Zeitpunkt der Brandentdeckung
sei das Gerät bereits etwa 20
Stunden nicht mehr in Betrieb
gewesen, gab der Restaurantbetreiber an. Dr. Klaus Enk,
der als Brandursachenermittler vor Ort war, fand einen Schadenschwerpunkt im
Gärschrank: Die Rückwand
wies Spuren einer extremen
Hitzeeinwirkung auf, die
rechte Außenwand war deformiert, und am Boden lag
verbranntes Material. Er habe
Kartonagen im Gärschrank
gelagert, sagte der Restaurantbetreiber. Der Kunststoffknopf des Reglers war
vollständig verbrannt. Doch
anhand der Spuren an den
Resten des Reglers und in einer Laboruntersuchung konnte der Gutachter nachweisen,
dass der Gärschrank zum
Schadenzeitpunkt eingeschaltet gewesen war. Einen
elektrotechnischen Defekt,
sowohl an den Komponenten
des Gärschrankes als auch an
denen der Backkammern,
konnte er während der
Untersuchung hingegen ausschließen.
Laut Bedienungsanleitung erreichte der Gärschrank nur eine maximale Innentemperatur von 65 °C. Wie konnte
es also zur Entzündung der
Kartonagen kommen? Der
Gutachter asservierte auch
Fotos: IFS (6) / privat (2)
das im Schadenschwerpunkt
installierte Heizelement und
schloss es im Elektrolabor an
die Netzspannung an. Nach
einer Heizdauer von drei
Minuten waren die Oberflächen bereits 240 °C heiß;
nach sechs Minuten erreichten sie 320 °C. Bezüglich der
Entzündung leicht entflammbarer Materialien, wie zum
Beispiel Kartonagen, sind
Temperaturen über 250 °C
kritisch. Damit war die
Schadenursache gefunden:
Durch das – vermutlich versehentliche und unbemerkte –
Einschalten des Gärschrankes
wurde das Feuer initiiert.
Backöfen werden leider relativ häufig als Stauraum für
brennbare Materialien genutzt, ebenso wie Herdplatten oft als Ablagefläche
für diverse Gegenstände dienen. Das Brandrisiko, das damit einhergeht, unterschätzen viele Menschen.
Zumeist werden die Geräte
über Drehregler eingeschaltet, und das geschieht bei bestimmten Bauformen der
Regler im Vorbeigehen schon
einmal aus Versehen. Eine
Vielzahl von Küchenbränden
geht jedes Jahr auf ein solches Missgeschick zurück.
Dem IFS bleibt nur der dringende Appell, brennbare
Materialien auch von potentiell heißen Oberflächen fernzuhalten.
Öfen als Stauraum, Herdplatten als Ablage
Unterschätztes Risiko Workshop
Rechtssicherheit
Feuer durch eine eingeschaltete Herdplatte: Die Ablaufspuren am Drehregler (kl. Bild) verraten die Schaltposition zum Schadenzeitpunkt.
Die Bedienelemente des Gärschrankes (links): Die Kunststoffteile sind fast
vollständig verbrannt. Die Achse des Reglers (rechts) gibt jedoch Aufschluss
über die Schaltposition zum Schadenzeitpunkt.
IMPRESSUM
Herausgeber:
Institut für Schadenverhütung
und Schadenforschung der
öffentlichen Versicherer e.V.
Preetzer Straße 75
24143 Kiel
Tel. 0431 7 75 78 – 0
E-Mail: mail@ifs-ev.org
www.ifs-ev.org
Adressfeld
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Redaktion, Layout:
Redaktion Kiel, Ina Schmiedeberg
Choriner Straße 64a
10435 Berlin
Tel. 030 44 04 31 31
E-Mail: schmiedeberg@redaktion-kiel.de
Druck:
Carius Druck Kiel GmbH
Boninstraße 25
24114 Kiel
Tel. 0431 6 24 46
Foto: VKB
Wirkung und Ursache
Bei Leitungswasser- und Feuchteschäden lohnt es sich zu prüfen, ob das Schadenausmaß und die Schadenursache zusammenpassen, wie der folgende Fall zeigt: In einem
Schulgebäude kam es zu einem Frostschaden an einer wasserführenden Leitung im Dachbereich. Der Hausmeister bemerkte
den Wasseraustritt am späten Abend, weil sich Wasser in einer
Deckenleuchte gesammelt hatte. Er stellte die Wasserzufuhr sofort ab, und bereits am nächsten Morgen wurde die defekte
Leitung repariert. Im darauffolgenden Sommer wurde eine
Durchfeuchtung in der Dämmschicht des Schulgebäudes festgestellt; es war bereits zu einem Pilzbefall des Holzes gekommen.
IFS-Gutachter Dr. Andreas Pfeiffer untersuchte die
Schadenstelle. Die Durchfeuchtung befand sich im Aufbau der
alten Dachfläche. Denn die Schule hatte im Jahr zuvor ein neues Dach bekommen. Dieses flach geneigte Pultdach war auf
das alte Schmetterlingsdach aufgesetzt worden. Hierfür wurde
zunächst die Abdichtung des alten Daches entfernt, um die
Lagerhölzer des neuen Daches auf der darunter liegenden
Betondecke befestigen zu können. Während der Bauphase, die
mehrere Monate andauerte, war das sichere Ablaufen von
Regenwasser nicht gewährleistet.
Bei der Untersuchung zeigte sich, dass das Ausmaß der
Durchfeuchtung nicht durch den Wasseraustritt infolge des
Frostschadens zu erklären war. Durch diesen war es lediglich zu
einer lokalen Durchfeuchtung gekommen, während nun die
gesamte Dachfläche in unterschiedlicher Ausprägung betroffen
war. Das infolge des Frostschadens ausgetretene Wasser konnte aufgrund der Dachkonstruktion nicht in alle Bereiche gelangen, in denen es Durchfeuchtungen und sogar Pilzbefall gab.
Auch hätte die ausgetretene Wassermenge nicht ausgereicht,
um einen Schaden dieses Ausmaßes zu verursachen. Ein
Großteil des Schadens muss bereits während der Bauphase entstanden sein.
Blick auf den Ursprung eines Feuchteschadens
Zertifikat für die VKB
Die Hauptabteilung „Gewerbekunden“ besitzt als erste
Organisationseinheit der Versicherungskammer Bayern ein
nach ISO 9001 zertifiziertes Qualitätsmanagementsystem. Ein
Hauptabteilung Gewerbekunden führt QM-System ein
Jahr lag zwischen den ersten Planungsschritten und der
Zertifizierung durch die ZDH-ZERT GmbH. Auf diesem Weg
wurde die „HA 8GK“ von der IFS Umwelt und Sicherheit GmbH
begleitet. Nach einer umfangreichen Bestandsaufnahme im
Frühjahr 2010 begann Umweltgutachter Dr. Wolfgang Kleesiek
gemeinsam mit den Mitarbeitern der Hauptabteilung, ein maßgeschneidertes QM-System aufzubauen.
Der Kerngedanke dieses Instrumentes ist die kontinuierliche
Optimierung von Arbeitsabläufen. Voraussetzung dafür ist eine
kritische Beobachtung der eigenen Leistung. Darum liegt ein
Schwerpunkt stets auf der Dokumentation. Sie erhöht die
Transparenz der Wertschöpfungsprozesse sowie der internen
und externen Schnittstellen. Besondere Aufmerksamkeit bei
der Entwicklung des Managementsystems für die
Hauptabteilung Gewerbekunden galt dem Angebots- und
Underwriting-Prozess. Darüber hinaus wurden Prozesskennzahlen definiert, die einerseits der Steuerung der
Prozesse dienen, andererseits in die jährlichen Zielvorgaben der
weiteren Entwicklung einfließen. „Die erfolgreiche Zertifizierung im Frühjahr verdankt die Hauptabteilung vor allem ihren
engagierten Mitarbeitern“, sagt IFS-Projektleiter Dr. Wolfgang
Kleesiek. Dies sei jedoch nicht die Ziellinie, sondern der
Startschuss. Ein QM-System bedeutet, morgen noch ein bisschen besser zu sein als heute – für zufriedene Mitarbeiter und
zufriedene Kunden.
Das QM-Team der HA 8GK mit Dr. Kleesiek (hintere Reihe, rechts) und
Andreas Weise von der ZDH-ZERT GmbH (hintere Reihe, 2. v. l.)