IFS Report 1-2021

Das IFS berichtet viermal jährlich im IFS-Report über aktuelle Schadenfälle und weitere Aspekte der Arbeit zur Schadenverhütung. Der IFS-Report erscheint gedruckt und im PDF-Format zum Download.

2 IFS-Report 1/2021
Brandgeruch sorgte am frühen
Abend für Sorge in einem Wohn-
haus. Kurz darauf entdeckte
einer der Bewohner Rauchentwicklung,
die von der Waschmaschine ausging.
Das Gerät wurde später im IFS unter-
sucht. Dabei zeigte sich ein bekanntes
Schadenbild: Das Feuer war an der
Bedieneinheit der Waschmaschine
entstanden, bei der es sich um das
Modell HW-C 1460TVE des chinesischen
Herstellers Haier handelte. Bereits 2016
berichteten wir im IFS-Report über
eine Schadenauffälligkeit, zu der es
zunächst nur einen Eintrag bei Rapex,
dem Schnellwarnsystem der EU für
Verbraucherschutz, gab, der sich aus-
schließlich auf Großbritannien bezog.
2019 veröffentlichte Haier auch für
Deutschland Sicherheitshinweise wegen
einer möglichen Brandgefahr. Betroffen
sind demnach Waschmaschinen mit den
Modellbezeichnungen HW-C 1460TVE
und HW-C 1470TVE sowie ProSport 1260
und ProSport 1460. Brandgefahr besteht
außerdem bei den Waschtrocknern
HWD70-1482 und HWD80-1482. Wie
der eingangs geschilderte Fall zeigt,
können Brände auch nach vielen Jahren
des problemlosen Betriebes auftreten.
Der Hersteller bietet betroffenen
Kunden den kostenfreien Austausch
der möglicherweise fehlerhaften
Komponenten an. Die Sicherheits-
hinweise haben wir in einem Beitrag
auf unserer Internetseite verlinkt.
Besuchen Sie uns unter
www.ifs-ev.org/haier
Das Typenschild mit der Modellnummer ist bei geöffneter Trommel zu sehen.
Gefährliche Manipulation
Wenn technische Sicherheitseinrichtungen absichtlich
überbrückt werden, wird es riskant
Ein Anwohner alarmierte mitten
in der Nacht die Feuerwehr,
denn in dem Schnellrestaurant,
über dem er wohnte, war ein Brand
ausgebrochen, und die Flammen
breiteten sich schon auf die oberen
Gebäudeteile aus. Erst eine gute Stunde
zuvor war Betriebsschluss gewesen.
Bei der Untersuchung der Brandstelle
stellte ein IFS-Gutachter später fest,
dass der Brand in der Fritteuse und
dort im linken der beiden Frittierbecken
entstanden war. Dort wurde Fett so
weit erhitzt, dass es sich entzündet
hatte. Über die Abluftanlage bahnten
sich die Flammen ihren Weg ins Dach-
geschoss. Bei der Laboruntersuchung
der Fritteuse zeigte sich, wie es zu
dem Schaden kommen konnte: Am
linken Frittierbecken hatte jemand
den Schutztemperaturbegrenzer (STB)
überbrückt. Dessen Aufgabe ist es,
die Beheizung zu unterbrechen, falls
am Regelthermostat ein Fehler auf-
tritt und dieser die Temperatur nicht
begrenzt. Schon vor dem Schaden muss
ein Defekt am Regelthermostat dazu
geführt haben, dass die Heizung des
linken Beckens durchheizte und das
Fett soweit erhitzt wurde, dass der STB
auslöste. Eine Reparatur wäre not-
wendig gewesen. Stattdessen wurde die
Sicherheitseinrichtung überbrückt, um
die Fritteuse weiter nutzen zu können.
Das IFS hat schon häufiger Brände in
der Gastronomie untersucht, die auf
die gleiche Weise entstanden sind.
Blick auf die elektrotechnischen
Komponenten: Der Schutztemperatur-
begrenzer ist im rechten Frittierbecken
korrekt angeschlossen (oberes Bild), im
linken Frittierbecken wurde das gleiche
Bauteil überbrückt.
Brände an Waschmaschinen
Noch immer sind Geräte des chinesischen Herstellers
„Haier“ im Einsatz, die von einem Rückruf betroffen sind
IFS-Report 1/2021 3
Durch einen Rohrbruch in einem
neu gebauten Studenten-
wohnheim wurden sieben
Wohnungen geflutet und zunächst
unbewohnbar. Die Leckagestelle befand
sich an einem Mehrschichtverbund-
rohr in der Leichtbauwand hinter einer
Dusche. Der Installateur hatte das Rohr
direkt hinter der Presshülse gebogen,
um den vorgesehenen Leitungsverlauf
Kannste knicken
Wenn Verbundrohre unmittelbar am Verbinder gebogen
werden, ist ein Schaden programmiert
Unmittelbar hinter den Presshülsen wurden die Rohre geknickt.
herzustellen. Für solche Belastungen
sind Verbundrohre allerdings nicht
geeignet. Bei der Druckprüfung zeigten
sich zwar noch keine Undichtigkeiten,
doch der Schaden war programmiert
und trat unter gewöhnlichen Betriebs-
belastungen nach kurzer Zeit auf: Das
Rohr riss unmittelbar hinter der Press-
hülse auf, wie die technische Unter-
suchung im Labor des IFS später zeigte.
Der beschriebene Installationsfehler
kommt immer wieder vor. In den
Unterlagen zu dem Presssystem wies
der Markenhersteller sogar ausdrück-
lich darauf hin, die Rohre nicht am
Verbinder zu biegen, weil dies zum
Knicken führt. Und ein Knick im Ver-
bundrohr ist ein initiierter Schaden.
Das Problem hatte in diesem Fall
schon mit der Auswahl der Kompo-
nenten begonnen. Der Installateur
hatte eine Doppelwandscheibe mit
zwei im 90°-Winkel angeordneten
Abgängen verwendet. Um die beiden
Anschlussrohre wie vorgesehen parallel
zu führen, musste der Handwerker
sie biegen. Dabei hat der Hersteller
auch Doppelwandscheiben mit par-
allel angeordneten Abgängen im
Programm. Damit wäre die Installa-
tion problemlos möglich gewesen.
In dem Studentenwohnheim war es
mit der Reparatur der einen Lecka-
gestelle und der Sanierung der in der
Folge aufgetretenen Feuchteschäden
nicht getan. In mehr als 150 weiteren
Duschen waren die gleichen Kom-
ponenten auf die beschriebene Art
installiert worden. Alle betroffenen
Verbindungen lagen in Leichtbau-
wänden, die zur Vermeidung weiterer
Schäden geöffnet werden mussten.
Fotos: IFS
Gebrochene Geräte-Ventile
Im Werk des Herstellers Benkiser wurden Geräte-
Schrägsitzventile falsch montiert
Das IFS hat eine Reihe von
Leitungswasserschäden unter-
sucht, die durch gebrochene
Anschlussventile der Benkiser
Armaturenwerke verursacht wurden.
Bei den begutachteten Bauteilen
war jeweils das Ventilkopfstück
abgebrochen. Der Schädigung lag in
allen Fällen eine Krafteinwirkung bei
der Montage der Ventile während des
Herstellungsprozesses zu Grunde. Diese
zeigte sich bei den Untersuchungen in
Form von ungleichmäßigen Abdrücken
auf Werkzeugaufnahmeflächen, die
ausschließlich während der Ferti-
gung der Bauteile zugänglich sind.
Durch die Krafteinwirkung wurden
Zugspannungen und in der Folge
Spannungsrisskorrosion im Messing-
werkstoff der Ventile initiiert.
Benkiser gibt Geräte-Schrägsitzventile
des Modells PRIMA 1/2″ mit Rückfluss-
verhinderer und Belüftung sowie
der Bezeichnung PRIMAGAVS15B als
betroffen an und bittet darum, diese
auf seine Kosten auszutauschen.
Dieser Hinweis des Herstellers ist von
2017. In dem Jahr wurde vom IFS das
erste gebrochene Ventil untersucht.
Die jüngsten Schäden liegen weni-
ge Monate zurück. Zwischen einer
initiierten Spannungsrisskorrosion
und dem in der Folge auftretenden
Bauteilbruch können Jahre liegen.
Das Ventilkopfstück ist abgebrochen.
Herausgeber:
Institut für Schadenverhütung und
Schadenforschung der öffentlichen
Versicherer e.V.
Preetzer Straße 75, 24143 Kiel
Tel. +49 431 775 78 0
mail@ifs-ev.org
www.ifs-ev.org
Redaktion, Layout:
Ina Schmiedeberg
Tel. +49 431 775 78 10
schmiedeberg@ifs-ev.org
Druck:
Carius Druck Kiel GmbH
Boninstraße 25, 24114 Kiel
Tel. +49 431 624 46
„Solche Einsätze haben wir täglich“
Der Herd wird als Ausgangspunkt für Wohnungsbrände unterschätzt
Während manche Risiken leicht
überschätzt werden – weil sie
zum Beispiel große Schlag-
zeilen bekommen oder besonders
furchteinflößend klingen –, werden
Alltagsrisiken häufig unterschätzt. Eine
Recherche in der Schadendatenbank des
IFS ergab, dass jeder fünfte Wohnungs-
brand auf dem Küchenherd beginnt.
Der Herd erscheint uns vollkommen
kontrollierbar. Gleichwohl ist er die
moderne Feuerstelle, und wenn damit
etwas schief geht, eskaliert die Situation
meist so schnell, dass man sie nicht
mehr allein unter Kontrolle bringen
kann. Feuerwehren im ganzen Land
können das bestätigen: „Wir werden
täglich zu Einsätzen mit Herdbränden
gerufen“, sagt Fabian Walheim von
der Pressestelle der Feuerwehr Ham-
burg. Eine typische Situation ist, dass
jemand vergisst, den Herd nach dem
Kochen auszustellen und anschließend
das Haus verlässt. Dann brutzeln die
Essensreste vor sich hin, es kommt zu
einer starken Rauchentwicklung, und
der Rauchwarnmelder alarmiert die
Nachbarn. Häufig müssen die Einsatz-
kräfte dann lediglich die Wohnung
lüften. Allerdings müssen sie sich
vorher natürlich Zutritt verschaffen.
„Schlimmer ist es, wenn brennbare
Gegenstände auf dem Kochfeld liegen
und es zu einem Feuer mit offener
Flammenbildung kommt“, so Walheim.
Das passiert nach Erfahrung des IFS
häufig: In zwei von drei Herdbrand-
Fällen wird das Kochfeld aus Versehen
eingeschaltet, zeigen unsere Daten.
Gerade in kleinen Küchen ist jede
zusätzliche Stellfläche willkommen,
Foto IFS
Besuchen Sie unser virtuelles Brandlabor unter www.gefahr-erkannt.de
und da bleibt für die neue Kaffeepad-
maschine manchmal nur das Ceran-
kochfeld. Herdabdeckplatten aus Holz
sind sogar dafür vorgesehen, den
Herd in Abstellfläche zu verwandeln.
Was passiert, wenn Gegenstände
auf dem eingeschalteten Herd in
Brand geraten, kann man in unserem
virtuellen Brandlabor ausprobieren
unter www.gefahr-erkannt.de.
Ebenso wie die Wahrscheinlichkeit,
dass man aus Versehen und ohne es
zu merken, den Herd einschaltet, wird
auch die Zeit unterschätzt, in der Fett
sich so weit erhitzt, dass es zur Brand-
entstehung kommt. In einem kürzlich
vom IFS untersuchten Fall hielt sich
eine Frau gerade im Arbeitszimmer
auf, als der Rauchmelder Alarm schlug.
In der Küche war ein Topf mit Fett
für Schmalzgebäck in Brand geraten.
Bei dem Versuch, das Feuer im Topf
abzulöschen, zog sich ein Hausbe-
wohner schwere Verletzungen zu. „Vom
Einschalten des Kochfeldes bis zur
Entzündung dauert es manchmal nur
wenige Minuten“, sagt IFS-Gutachter Dr.
Stefan Schallmoser. Die Zeit hängt vom
Herd und der gewählten Einstellung,
vom Kochgeschirr und der „Brandlast“
ab. Ein eingeschalteter Herd sollte
darum nicht allein gelassen werden,
auch nicht, um nur schnell ein Paket
anzunehmen oder etwas aus einem
anderen Raum zu holen. Denn auch
hier ist unser Zeitgefühl kein gutes Maß.
Gerade wenn wir, etwa durch ein Tele-
fonat, abgelenkt sind, unterschätzen
wir die Zeitspanne der Abwesenheit.