IFS Report 1- 2014

Das IFS berichtet viermal jährlich im IFS-Report über aktuelle Schadenfälle und weitere Aspekte der Arbeit zur Schadenverhütung. Der IFS-Report erscheint gedruckt und im PDF-Format zum Download.
Auf ein Wort … menarbeiten. So wird das IFS regelmä-
ßig mit den Schwächen von Produkten
im Alltag konfrontiert und tritt mit sei-

nen Erkenntnissen mit den Verantwortli-

chen in den Dialog, beispielsweise durch
eine aktive Gremienarbeit. Auch für die
Entwicklung von Normen und Vorschrif-

ten des DIN und des VDE sind die Erfah-

rungen der IFS-Gutachter von Nutzen.
Produktsicherheit entsteht durch einen
sich ständig wiederholenden Prozess
von Entwicklung, Erfahrung und Verbes-

serung, zu dem das IFS wertvolle Beiträ-
ge leisten kann. »
«Die Ursache zu kennen, ist zunächst
wichtig, um die Verantwortlichkeit für
einen eingetretenen Schaden zu klären.

Doch bei der Arbeit des IFS geht es auch

darum, mögliche Schäden gar nicht erst
entstehen zu lassen. Besonders in einer
Phase, in der neue Techniken sich stark

verbreiten, wie die oben beschriebenen

E-Fahrräder oder die PV-Anlagen, um
die es auf Seite 2 geht, treten „Kinder-
krankheiten“ auf. Diese Probleme zei-
gen sich häufig erst in der Praxis und

können am besten gelöst werden, wenn
Hersteller und Schadenermittler zusam-
Dr. Klaus Zehner
Mitglied des Vorstandes der SV
SparkassenVersicherung und des IFS
17. Jahrgang März 2014
Lithium-Ionen-Akkus sollten gerade zum Saisonstart im Auge behalten werden
Ob für den Weg zur Arbeit oder den Aus-
flug am Wochenende, mit Beginn des
Frühlings werden die Drahtesel wieder
gesattelt. Immer mehr Menschen setzen
dabei auf Elektrofahrräder, die den Rad-
ler bei Bedarf mit Motorenkraft unter-
stützen. Dafür wird relativ viel Energie
benötigt, und diese liefert in der Regel

ein Lithium-Ionen-Akku. Dieser Akku-

typ ist besonders leistungsstark. Doch
mit seiner hohen Energiedichte geht ein
gewisses Brandrisiko einher. Besonders

kritisch kann die Ladephase sein, vor

allem, wenn der Akku mehrere Mona-
te nicht genutzt wurde und erstmals
wieder geladen wird. Denn Lithium-Io-
nen-Akkus sind empfindlich gegen Tief-
entladungen. Auch Kälte vertragen sie
nicht sehr gut. Darum sollten sie zum

Beispiel bei Winterwetter nicht in der

unbeheizten Garage gelagert werden.
Beim Transport auf dem Gepäckträger
des Autos sollte man den Akku vom

Fahrrad nehmen. Regen und Streusalz

können interne Kurzschlüsse auslösen,
die ihn schädigen. Schlimmstenfalls

kann ein Brand die Folge sein. Wichtig

ist auch, einen Akku nicht mehr in Be-
trieb zu nehmen, wenn er heruntergefal-
len ist und dabei beschädigt wurde.
In Bedienungsanleitungen wird häu-

fig gefordert, den Ladevorgang zu
beaufsichtigen. Sicher wird niemand
stundenlang vor einem Ladegerät sit-
zen. Allerdings sind ein paar einfache
Vorsichtsmaßnahmen angebracht. So
sollte das Ladegerät nicht direkt auf, ne-
ben oder unter brennbaren Materialien

stehen, und der Akku sollte nicht über
Nacht in Wohnräumen geladen werden.
Ein Fall, den das IFS im vergangenen
Jahr untersuchte, endete tragisch: Der
Lithium-Ionen-Akku eines E-Bikes ex-
plodierte beim Ladevorgang und verur-

sachte ein Feuer. Dies geschah nachts im

Hotelzimmer eines älteren Ehepaares.
Lesen Sie weiter auf Seite 2
-ReportEine Information des Institutes für Schadenverhütung und
Schadenforschung der öffentlichen Versicherer e.V.
Der Akku dieses „Victoria Münster“-E-Bikes war in Brand geraten. Foto: IFS
Auf Seite 3 berichten wir von
zwei typischen Brandursachen im

Haushalt, die das IFS immer

wieder beschäftigen.
Sicherheitstipps für Elektro-Radler
2 IFS-Report 1/2014
„Solexus“-Dosen werden europaweit repariert
Die Photovoltaikanlage auf dem Dach
eines Zweifamilienhauses in Italien
funktionierte gute zweieinhalb Jahre
lang einwandfrei – bis es eines morgens
zu einem Brandausbruch kam. Bei dem
Feuer wurde die hölzerne Dachkonstruk-
tion des Hauses zerstört. Im gesamten
Gebäude, insbesondere im Oberge-
schoss, entstanden zum Teil erhebliche
Schäden.

Dr. Andreas Pfeiffer, IFS-Gutachter und
Fachverantwortlicher für Brandursa-
chenermittlungen, untersuchte die
Schadenstelle und stellte fest, dass es
in der Anschlussbox auf der Rückseite
eines Solarmoduls eine Überhitzung an
Die Eheleute wurden durch die Explosi-
on geweckt. Während die Frau das Zim-
mer noch rechtzeitig verlassen konnte,
kam für ihren Man jede Hilfe zu spät. Bei
dem Fahrrad handelte es sich um das

Modell „Victoria Bremen“ der renom-
mierten deutschen Hermann Hartje KG.
Wegen Akku-Problemen wurden bereits

2010 die E-Bikes „Victoria Rendsburg“

und „Victoria Kassel“ zurückgerufen
und Kunden über die Händler vor Ort in-
formiert. Im IFS wurden im vergangenen
Jahr neben dem oben genannten „Victo-
ria Bremen“-E-Bike zwei Räder des Typs
„Victoria Münster“ untersucht, deren
Akku ebenfalls explodiert war und einen
Brand verursacht hatte.

Das Brandrisiko ist jedoch kein aus-
schließliches Problem der Victoria-Rä-
der. Auch E-Bikes anderer Hersteller

wurden im IFS bereits untersucht, weil

sie in Brand geraten waren. Achtsamkeit
und Sorgfalt sind im Umgang mit Lithi-
um-Ionen-Akkus generell geboten.
einem Kontakt gegeben hatte.
Der hier beschriebene Schaden ist kein
Einzelfall. Bei der Anschlussdose han-

delte es sich um ein Produkt vom Typ
„Solexus“ der mittlerweile insolventen
niederländischen „Scheuten Solar Hol-
ding“. Die Dosen wurden europaweit
in PV-Modulen verschiedener Hersteller
verbaut. Bereits 2011 waren durch den
konstruktionsbedingten technischen

Mangel Schäden entstanden. Mehrere
Hersteller haben bereits einen Rückruf
gestartet und zum Teil die betroffenen
Platinen ausgetauscht. „Brandgefahr
besteht insbesondere bei Indachanla-
gen oder Anlagen, die sich auf Dächern
mit brennbarer Eindeckung befinden“,

erklärt Pfeiffer. Im oben beschriebenen
Fall war die Anlage vom Installations-

betrieb fälschlich als Aufdachanlage
gemeldet und darum vom Hersteller
nicht der entsprechenden Risikogruppe
zugeordnet worden. Ob eine PV-Anla-
ge betroffen ist, weiß in der Regel der
Modulhersteller. Kann man diesen, zum
Beispiel wegen einer Insolvenz, nicht

mehr fragen, so können Drittanbieter
weiterhelfen. Das hamburger Unterneh-
men „Suncycle“ bietet beispielsweise
auf seiner Internetseite (www.suncycle.
de) eine Prüfung anhand der Seriennum-
mern an.
Das linke Bild zeigt eine unbeschädigte Platine in einer nur von außen brandbetroffenen Anschlussbox der PV-Anlage. An den Resten der
rechts abgebildeten Box ist der herausgebrannte Kontakt zu erkennen, an dem es zur Überhitzung kam. Fotos: IFS
Ein Konstruktionsfehler bei Anschlussdosen von Solarmodulen kann Brände verursachen
Fortsetzung von Seite 1
Explodierte Zelle eines Lithium-Ionen-Ak-
kus Foto: IFS
3IFS-Report 1/2014
Mehrfachsteckdose fristet ein vergesse-
nes Dasein als verstaubter Mittelpunkt
eines Kabelknäuels. Doch Steckdosen-

leisten sind ein Teil der Elektrotechnik

und sollten auch als solcher wahrge-

nommen werden. Sie gehören nicht hin-

ter Schränke und vor allem sollte niemals
etwas darauf liegen. Überlastungen
durch zu viele angeschlossene Verbrau-
cher und Reihenschaltungen von meh-

reren Steckdosen oder Verlängerungen
haben schon in vielen Fällen zu Bränden
geführt. Vorsicht ist bei der Verwendung

im Badezimmer oder auf dem Balkon ge-

boten. Denn Tischsteckdosen vertragen
Wasser ebenso wenig wie alle anderen
elektrotechnischen Geräte.
Immer wieder Brände durch TischsteckdosenSchlecht verarbeitete „Schnäppchen“ und Achtlosigkeit gleichermaßen gefährlich
Nach Hause zu kommen, um dort die
Feuerwehr und ein ausgebranntes
Wohnzimmer vorzufinden, ist ein Alp-

traum. Dem Mieter einer Etagenwoh-

nung ist dies im hier beschriebenen Fall

passiert. Das Feuer war im mittleren

Fach einer Schrankwand ausgebrochen,
wie der ermittelnde IFS-Gutachter spä-
ter feststellte. Dort hatte ein Flachbild-
fernseher gestanden. Der Mieter hatte

das Gerät und dazu einen Sat-Receiver
über eine Tischsteckdosenleiste ans
Stromnetz angeschlossen. Deren Reste

lagen im Brandschutt des Schrankfachs.

Die Schäden am Fernseher und am
Receiver verrieten, dass der Brand nicht
von diesen Geräten ausgegangen war.
Von der Steckdosenleiste blieben dem
Gutachter für eine Untersuchung zwar

nur wenige Reste. Doch die Brandspu-

ren ließen keinen Zweifel daran, dass sie

Ausgangsort des Brandgeschehens war.

Schäden durch Tischsteckdosen werden

im IFS relativ häufig untersucht. Beim
Kauf sollte man darum unbedingt auf
Qualität achten. Das GS-Prüfzeichen in
Verbindung mit einer gültigen Prüfnum-

mer bestätigt die Einhaltung der in den
DIN- und europäischen Normen festge-
legten Anforderungen an die Produktsi-

cherheit.

Allerdings führen im Zusammenhang
mit Tischsteckdosen häufig auch Be-
nutzungsfehler zum Schaden. Manche
Einfacher kann Schadenverhütung nicht seinTrotz „geprüfter Sicherheit“ sollten die Bedienhinweise der Hersteller beachtet werden
Im Vorbeifahren fiel einem Autofahrer
Rauch auf, der aus dem Dachgeschoss
eines Einfamilienhauses stieg. Er wen-

dete seinen Wagen und fuhr noch ein-
mal zurück. Nun schlugen bereits Flam-

men aus dem Dach. Der Mann rief die
Feuerwehr.
Zu diesem Zeitpunkt war niemand zu-
hause. Als letzter hatte der erwachsene
Sohn der dort lebenden Familie einige
Stunden zuvor das Gebäude verlassen.
Das Feuer ging von einem Wasserko-
cher aus, der in seiner kleinen Teeküche
im Dachgeschoss stand und den er am
Morgen noch benutzt hatte.
Brandursachenermittler des IFS unter-
suchten zunächst die Schadenstelle und

anschließend im Elektrolabor die Reste
des Wasserkochers. Er war ein knappes
Jahr zuvor bei einem Lebensmitteldis-
counter gekauft worden. Da die Familie
den Beleg aufgehoben hatte, konnten die
Gutachter ein baugleiches Vergleichsge-
rät kaufen und ebenfalls untersuchen.
Sowohl die für den Verkauf in der EU

notwendige CE-Kennzeichnung als auch
das GS-Prüfzeichen waren vorhanden.
Letzteres ist ein Qualitätssiegel, auf das

man beim Kauf unbedingt achten sollte.
Der kleine Reisewasserkocher war mit
einem Sicherheitstemperaturbegrenzer
ausgestattet, und zumindest das Ver-
gleichsgerät war einwandfrei. Doch auch
das GS-Zeichen kann Fehler im Einzelfall

nicht ausschließen: Schmelzspuren an
den Steckkontakten des „Ein“-Schalters
im Griff des verbrannten Kochers verrie-

ten hingegen, dass es an dieser Stelle

einen Defekt gegeben hatte. Es kam zu
einer lokalen Überhitzung, durch die der
Kunststoffgriff in Brand geriet. „Ziehen
Sie immer den Netzstecker, wenn das

Gerät nicht in Gebrauch ist“, stand aus-
drücklich in der Bedienungsanleitung.
Diese einfache und an Effektivität nicht
zu überbietende Sicherheitsmaßnahme
gilt für alle Wasserkocher. Dennoch fin-
det sie in vielen Haushalten kaum Be-
achtung.
Die Reste des verbrannten Wasserkochers und ein Vergleichsgerät werden im Elektrola-
bor untersucht. Foto: IFS