„Solche Einsätze haben wir täglich“

Der Herd wird als Ausgangspunkt für Wohnungsbrände unterschätzt

Auf dem Kochfeld gerät der Toaster in Brand.
Auf dem Kochfeld gerät der Toaster in Brand.

Während manche Risiken leicht überschätzt werden – weil sie zum Beispiel große Schlagzeilen bekommen oder besonders furchteinflößend klingen –, werden Alltagsrisiken häufig unterschätzt. Eine Recherche in der Schadendatenbank des IFS ergab, dass jeder fünfte Wohnungsbrand auf dem Küchenherd beginnt. Der Herd erscheint uns vollkommen kontrollierbar. Gleichwohl ist er die moderne Feuerstelle, und wenn damit etwas schief geht, eskaliert die Situation meist so schnell, dass man sie nicht mehr allein unter Kontrolle bringen kann.

Feuerwehren im ganzen Land können das bestätigen: „Wir werden täglich zu Einsätzen mit Herdbränden gerufen“, sagt Fabian Walheim von der Pressestelle der Feuerwehr Hamburg. Eine typische Situation ist, dass jemand vergisst, den Herd nach dem Kochen auszustellen und anschließend das Haus verlässt. Dann brutzeln die Essensreste vor sich hin, es kommt zu einer starken Rauchentwicklung, und der Rauchwarnmelder alarmiert die Nachbarn. Häufig müssen die Einsatzkräfte dann lediglich die Wohnung lüften. Allerdings müssen sie sich vorher natürlich Zutritt verschaffen.

Das Feuer auf dem Herd hat auf die Einbauküche übergegriffen.
Das Feuer auf dem Herd hat auf die Einbauküche übergegriffen.

„Schlimmer ist es, wenn brennbare Gegenstände auf dem Kochfeld liegen und es zu einem Feuer mit offener Flammenbildung kommt“, so Walheim. Das passiert nach Erfahrung des IFS häufig: In zwei von drei Herdbrand-Fällen wird das Kochfeld aus Versehen eingeschaltet, zeigen unsere Daten. Gerade in kleinen Küchen ist jede zusätzliche Stellfläche willkommen, und da bleibt für die neue Kaffeepadmaschine manchmal nur das Cerankochfeld. Herdabdeckplatten aus Holz sind sogar dafür vorgesehen, den Herd in Abstellfläche zu verwandeln. Was passiert, wenn Gegenstände auf dem eingeschalteten Herd in Brand geraten, kann man in unserem virtuellen Brandlabor ausprobieren unter www.gefahr-erkannt.de.

Ebenso wie die Wahrscheinlichkeit, dass man aus Versehen und ohne es zu merken, den Herd einschaltet, wird auch die Zeit unterschätzt, in der Fett sich so weit erhitzt, dass es zur Brandentstehung kommt. In einem kürzlich vom IFS untersuchten Fall hielt sich eine Frau gerade im Arbeitszimmer auf, als der Rauchmelder Alarm schlug. In der Küche war ein Topf mit Fett für Schmalzgebäck in Brand geraten. Bei dem Versuch, das Feuer im Topf abzulöschen, zog sich ein Hausbewohner schwere Verletzungen zu.

„Vom Einschalten des Kochfeldes bis zur Entzündung dauert es manchmal nur wenige Minuten“, sagt IFS-Gutachter Dr. Stefan Schallmoser. Die Zeit hängt vom Herd und der gewählten Einstellung, vom Kochgeschirr und der „Brandlast“ ab. Ein eingeschalteter Herd sollte darum nicht allein gelassen werden, auch nicht, um nur schnell ein Paket anzunehmen oder etwas aus einem anderen Raum zu holen. Denn auch hier ist unser Zeitgefühl kein gutes Maß. Gerade wenn wir, etwa durch ein Telefonat, abgelenkt sind, unterschätzen wir die Zeitspanne der Abwesenheit. (is)